Amtsblatt der Stadt Steyr 1972/6

ö 0 u.. 4 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1972 . berichten, "daß Gottlob der langerwünschte Frieden zu Nürnberg dermalen wirklich geschlossen und unterschrie- ben sei". Aus diesem Anlaß veranstaltete die Stadtob- rigkeit ein "Friedensfest", bei dem die "Friedensmahl- zeit" allein auf 570 Gulden zu stehen kam. HAUS STADTPLATZ NR. 33 Das Portal des aus dem Spätmittelalter stammen- den Wohnhauses bildet ein gedrückter Spitzbogen. Im Scheitel desselben bemerkt man das Malteserkreuz. Nach Waldstein-Wartenberg wurde es ursprünglich "als Sinnbild Christi angesehen", seit dem Ende des 15. Jahr- hunderts symbolisieren die acht Spitzen desselben die acht Seligkeiten. Vermutlich ließ es der schwerreiche Ratsherr und Handelsmann Hans Gromatschmidt, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Haus besaß, anbringen. Im vorderen und im hinteren Gebäudetrakt ist die Kunst der Renaissance gut vertreten. Eine prächtige Holzdecke, die erst vor wenigen Jahren in einem Ge- mach des ersten Stockes entdeckt wurde, ließ wahr- scheinlich um 1620 der Gastwirt Hans Wezl einziehen. Spätere Besitzer haben den großen Raum, der als Tanz- saal gedient haben mag, unterteilt und die Holzdecke durch einen gewöhnlichen Plafond unsichtbar gemacht. Jedenfalls ließ Wezl um diese Zeit (1619) auch die Fas- sade des ennsseitigen Hauses mit Malereien schmücken. Reste dieser Verzierung (Fensterumrahmungen, eine En- gelfigur, ein Frauenkopf, ein Vogel mit Natter) kamen anläßlich der Renovierung zum Vorschein. Sehenswert sind auch die beiden Höfe. Während im oberen Arkadengang des Innenhofes seltene Holz- säulen zu sehen sind, entzückt der kaiseitige Hof durch 96 seine musterh;:.fte I.::·11.t:ucrnn('. Das kunstgt;sclncl1tlich 1.,ten..:S$ante, einst mit ei- ner Hauskapelle aus·scstattete Gebäude, in dem sich durch Jahrhunderte eine Gastwirtschaft befand, seit 1849 eine Buchhandlt.:11g untergebracht ist und gegen- wärtig auch ein Foto- Atelier beherbergt, gehörte seit 1695 den Familien Mayr, Stunn, Müller, Lachner, Steibl, Weißmay.r, Stehle, Sandböck und Stigler, seit 1917 besitzt es die fa1r:i lie \;<.:J twald. Dr. Josef Ofner (Stadtarchiv: Ratsprotokolle. - Waldstein-Wattenberg, Das Malteserkreuz. - Dehio, Oberösterreich. - E. Kro- bath, O. Ehler, Bemerkenswerte Bauten der Altstadt Steyrs, 1956) Aus der Stadtgeschichte DER STADTBRAND IM JAHRE 1522 V or 450 Jahren, am 18. März 1522, erlebte die Ei- senstadt eine "erschröckliche Feuersbrunst". Um zehn Uhrvormittag kam im alten Badhaus auf dem obe- ren Stadtplatz (heute Ratsherrnkeller) "unversehens" der Brand zum Ausbruch. Da zur Feuerbekämpfung keine oder völlig unzulängliche Löschgeräte zur Verfügung standen, ergriffen die Flammen rasch Kirche und Klo - ster der Dominikaner sowie die Schindeldächer der Häu- ser auf dem Grünmarkt und in der Pfarrgasse. Durch den heftigen Ostwind erfaßte das Feuer auch das Gerüst der im Bau befindlichen pfarrkirche "und verbrannte", wie Valentin Preuenhueber in seinen Steyrer Annalen erzählt, "dadurch alles, das Dach, in der Kirchen die meisten Al- täre, alte Epithaphia, Fenster und Gemälde, der sehr schöne und mit kunstreichen Werken gezierte Predigt- stuhl, alle mit großen Unkosten angeschaffte Glocken, der Pfarrhof, das Predigerkloster (Dominikanerkloster), zwei Stadttore, zwei Basteien, eine bei St. Gilgen (Pfarrkirche) und die andere bei der Enns, da jetzo das neue Tor ist, fünf Stadttürme, ein Großteil andenen Stadtwehren und bei 55 Häuser in der Stadt und sonder- lich im Kirchweg". Über den Wiederaufbau sind wir sehr mangelhaft unterrichtet. Glücklicherweise war um diese Zeit das Baumaterial billig zu bekommen, auch die Arbeitslöhne waren niedrig. Baumeister und Zimmermeister bezogen einen Taglohn von 28 Pfennig, "P0lierer" 26, Steinbre- cher 24, Zimmerknechte 20 und 22, Steinmetze 18 Pfen- nig. Für ein Mut (= etwa 1845 Liter) Kalk zahlte man einen Gulden, ebenso für 1000 Dachschindeln, Eine Glas - scheibe kam auf 3 Pfennige zu stehen, 1000 Stück Scharnägel kosteten 30 Kreuzer(l Gulden = 240 Pfennig, 1 Kreuzer = 4 Pfennig). An der Stadtpfarrkirche wurden vorerst die ärgsten Brandschäden behoben. Zur Finanzierung dieser Arbei - ten verkaufte die Stadt eine zwanzig Pfund schwere Sil- bermonstranz, der Abt von Garsten gewährte ein Darle- hen von 100 Gulden und stellte eine Glocke zur Verfü- gung. Aus den Trümmern der durch den Brand zerstör- ten Glocken ließ der Magistrat von Linhart Rannacher in Passau eine neue gießen. Im Jahre 1524 wurden Ar- beiten am Turm durchgeführt und 1545 zur Instandset- zung des Daches 37500 Schindeln angekauft. Die wich-

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