Amtsblatt der Stadt Steyr 1971/6

1971 AMTSBLATT DER STADT STEYR 3 Anschaffungen für das ehemalige Hotel Nagl in der Bahnhofstraße S 18. 000, --; Ankauf von drei Diktiergeräten und zwei Schreib- maschinen für Unterrichtszwecke an der Handelsschule Steyr S 24. 000, --. Am Ende der Sitzung fand die Behandlung der vorliegenden Konzessionsansuchen statt. Als Aufsichtsrat der GWG genehmigte der Stadtse- nat den Finanzierungsplan für das Wohnbauvorhaben Resthof I mit einem Kostenaufwand von S 140, 196.000,--. Auf den sogenannten Resthofgründen sollen 428 Wohn- einheiten errichtet werden. Der Zeitplan erstreckt sich hiefür auf drei Jahre. Zusagen für die Gewährung der erforderlichen Darlehen liegen vor. Mit der Realisie- rung dieses Planes wird Steyr wieder einen bedeutenden Beitrag zur Bekämpfung der Wohnungsnot leisten können. Johannes Kepler und Steyr Zum Kepler-Jahr 1971 JOHANNES KEPLER A ls im August des Jahres 1608 die weltlichen Land- stände die Wiedereinführung des Protestantismus in den landesfürstlichen Städten Oberösterreichs durch- setzten, wurde in !:;teyr die evangelische Lateinschule, die gegen Ende des 16. Jahrhunderts im Zuge der Ge- genreformation gesperrt worden war, wieder eröffnet. Konrektor Egidius Weixelberger aus Regensburg, ein berühmter Gelehrter, erhielt die Rektorstelle. Magister Jakob Tydeus aus Horn wurde 1609 als Konrektor und Georg Taubenrackh aus Eferding als Kantor angestellt. Von diesen und anderen Pädagogen, die in Steyr wirk- ten, sagte V. Preuenhueber, daß sie "eine solche schöne Lateinische Schul, in stattlicher Frequenz, sowohl von einheimischen als sonderlich fremden Knaben, Edel und Unedel, anrichteten, daß sie dem Landschaffts- Gymnasio zu Linz nichts bevor gabe ". An der adeligen Landschaftsschule in der Landes- hauptstadt, die ebenfalls wieder ihre Pforten geöffnet hatte, sollte Weixelberger das Rektorat übernehmen, doch Steyr verhinderte diese Berufung. Seit Mai 1612 wirkte an dieser Anstalt als Mathe- matikprofessor auch der damals schon berühmte Astro- nom Johannes Kepler (geb. am 27. Dezember 1571 zu Weil der Stadt in Württemberg, gest. am 15. Novem- ber 1630 in Regensburg). Er war von 1594 bis 1600 als Mathematikus in Graz tätig, wurde 1601 zum Astro- nomen Kaiser Rudolfs II. in Prag ernannt und trat 1611 in den Dienst der Landstände (Prälaten, Herren, Ritter- schaft und Städte) in Österreich ob der Enns. Neben seiner Lehrtätigkeit sollte er auch zur "Auffrichtung vnd Verfassung einer Land-Mappen" (Landkarte) von Oberösterreich das Land bereisen und die in Prag be- gonnenen wissenschaftlichen Arbeiten fortsetzen. Hatte Kepler in Graz das Buch "Weltgeheimnis" ("Mysterium Cosmographicum ") verfaßt und in Prag die "Neue Astronomie" ( "Astronomia Nova"), enthaltend die ersten Gesetze über die Bahnen der Planeten, ver- öffentlicht, so vollendete er in Linz neben anderen be- deutsamen Schriften sein Hauptwerk "Weltharmonik" ("Harmonices Mundi libri V"), in dem er das von ihm am 15. Mai 1618 gefundene 3. Planetengesetz ( "die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die Kuben ihrer mittleren Entfernungen von der Sonne") behandelte. In seinen Schriften spricht der kaiserliche Astro- nom bereits von einer künftigen Raumschiffahrt: "Man schaffe Schiffe und Segel, die sich für die Himmelsluft eignen. Dann wird es auch Leute geben, die vor der Weite des Raumes nicht zurückschrecken". Obwohl Kepler häufig Horoskope stellte, hielt er nicht viel von astrologischen Prognosen. Ab und zu, so meinte er, könnten solche Prophezeiungen ja in Er- füllung gehen: "Soll niemandt für vngläublich halten / daß auß der Astrologischen Narrheit vnd Gottlosigkeit / nicht auch eine nützliche Witz vnd Heyligthumb / auß einem vnsaubernSchleym/ nicht auch einSchnecken / Muschle / Austern oder Aal zum Essen dienstlich / auß dem großen HauffenRaupengeschmeyß / nicht auch ein Seydenspinner / vndtendtlich auß einem vbelriechenden Mist / nicht auch etwan von einer embsigen Hennen ein gutes Körnlein / ja ein Perlin oder Goldtkorn herfür ge- scharret / vnd gefunden werden köndte ". In die Linzer Zeit fällt auch die zweite Heirat Keplers. Am 30. Oktober 1613 vermählte er sich mit der Tischlerstochter Susanna Reuttinger aus Eferding. In den Jahren 1620 und 162] bemühte er sich mit Erfolg um die Freilassung seiner als Hexe verleumdeten Mut- ter die im Gefängnis zu Grüglingen schmachtete. 83

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