Amtsblatt der Stadt Steyr 1971/2

6 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1971 Allerdings muß ich sagen und vielleicht darf ich eine Untersuchung des Hauptverbandes der Österr. Sparkassen anführen, daß derzeit rund 16 Milliarden Schilling Kre- dite an Gemeinden aushaften. Eine Erhebung in den Ge- meinden, durch den Hauptverband der Österr. Sparkas- sen, Verband der Österr. Landeshypothekenanstalten, des österr. Gemeindebundes und des Österr. Städtebun- des durchgeführt, veranschlagt den Investitionsaufwand der Gemeinden für die nächsten vier Jahre mit 26 Mil- liarden Schilling, von denen nur 50 - 55 o/o von den Ge- meinden selbst mit ihren ordentlichen Haushaltsmitteln gedeckt werden können, sodaß in den kommenden Jah- ren ungefähr S 12 - 14 Milliarden vom Kreditmarkt zur Bewältigung gemeindlicher Investitionen in Anspruch genommen werden müssen. Es ist sicher diese gesamt- österreichische Situation auch auf die finanzielle Situa- tion in unserer Gemeinde zu projizieren. Man soll alles in Relationen sehen. Wenn wir nun die Forderungen, die unseres Wissens in der Zukunft an uns gestellt werden, erwähnen, wird hier wieder die mögli ehe Kreditinan- spruchnalunc hinter den Forderungen, die seitens der Be- völkerung an die öffcntlicl1e lland, also an die Ge- meinden gestellt werden, zurückbleiben. Ich möchte aber meine Ausführungen nicht abschlie- ßen, ohne auch Zukunftsperspektiven auf einigen wenigen Sektoren angesclmitten zu haben, denen sich die kommu- nale Tätigkeit in den nächsten Jahren mit besonderer Aufmerksamkeit zuwenden muß. Ein Problem, das sich bestens zu Prognosen eignet, ist der Wohnungsbau. Ein- deutigstatistischnachweisbarist, daß Angebot und Nach- frage auf dem Wohnungsmarkt - ich beziehe diese Situa- tion besonders auf Steyr - erst nach dem Bau von 5. 000 bis 6.000 neuen Wohnungen ausgeglichen sind, wobei ich unter dem Begriff Ausgeglichenheit nicht allzusehr den Umstand berücksichtigt habe, daß echte Ausgeglichen- heit am Wohnungsmarkt dann herrscht, wenn ungefähr 2 o/o Überanbot an Wohnungen gegenüber den in einer Stadt vorhandenen Haushalten besteht. Eine Prognose, die uns - das können Sie sich selbst unschwer ausrech- nen - in das Jahr 1990 führt! Meiner Meinung nach wer- den die Ziffern ungefähr, wie ich sie heute prognosti- ziert auf den Tisch lege, im Jahre 1990 von den Ge- meinderäten bestätigt werden können. Voraussetzung dafür ist, daß für die Wohnbautätigkeit der Erwerb von neuem Baugrund gesichert wird, gesetzliche Assanie- rungsmöglichkeiten geschaffen werden und natürlich auch die notwendigen Fondsmittel weiterhin zur Ver- fügung stehen. Denn auch in Steyr ist man noch nicht gewillt oder nicht in der Lage - wie zum Beispiel in der Schweiz - für die Wohnung einen wahren Preis zu be- zahlen. Dazu Wtirden in unserem Land noch große lohn- politische Probleme zu bewältigen sein. Ich will nur am Rande dieses Problemes erwähnen, .daß derzeit in Steyr rund 2. 500 Wohneinheiten geplant und bei den Wohnbaufonds eingereicht sind. Ein anderes Kapitel: Für die Jahre 1985 bis 1990 erwarten die Experten die sogenannte "Vollmotorisie- rung". Ich will gleich vorausschicken, wir werden wahr- scheinlich dieser Vollmotorisierung zeitlich etwas nach- hinken. Hoffentlich, können wir nur sagen. Das heißt, daß sich die Zahl der Fahrzeuge auf Steyrs Straßen ver- vielfachen wird, genauso wie sich auch die Frequenz der Verkehrswege wesentlich erhöhen wird. Das erfor- dert von uns erhöhten Bau von Straßen, Brücken und die Anlage zusätzlicher Parkflächen, wobei sich auch heute schon in unserer Planung und in unseren Überlegungen 18 der Bau von Parkgaragen deutlich abgezeichnet hat. Daß gerade der Verkehr ständig zunehmende finanzielle Mittel für sich in Anspruch nimmt, die prozentuell einen steigenden Anteil im Gesamthaushalt beanspruchen, sei vielleicht nur mit einem Beispiel angedeutet: Für das Hundsgr abenproje kt, das zu einem Teil schon fertigge - stellt ist und zu einem Teil in Kürze in Arbeit genom- men wird und in einigen Phasen noch einer Detailpla - nung unterliegt, werden wir, wenn wir den Endausbau dieses Straßenzuges im Auge haben, von beiden Seiten Anschluß an Bundesstraßen haben. Hier sage ich eine Ziffer, die nicht mit Anboten untermauert ist. Aber wenn ich den Betrag von 120 - 150 Mill. nenne, wer- den Sie, wenn Sie die Kosten für die Detailabschnitte kennen, auch diese Summe gerechtfertigt finden. In Steyr ist das Verkehrsproblem sehr schwierig. Ich hatte Gelegenheit auch in anderen Kreisen dies zu sagen, 1 km Straße in Steyr kostet ein Vielfaches von einem Kilo- meter Straße, wie, um nur ein Beispiel zu sagen, in Wels. Unsere Geländeverhältnisse und zahlreichen Was- serläufe verursachen im Straßenbau einen überhöhten Aufwand. Erforderliche Brückenbauwerke, die Bewä lti- gung von Steilhängen etc. verschlingen enorme Mittel. Dazu kommen bedeutende Erschwernisse in der Innenstadt. Wenn wir manchmal mit Neid und mit Selbstvorwürfen auf den Straßenbau in anderen Ländern, die diese Schwie- rigkeiten nicht haben, blicken, möge gerade diese Über- legung doch auch in die Diskussion mit einbezogen wer- den. Wie rasch einem noch vor kurzem am Rand ver- merkten Problem zentrale Bedeutung zukommt, zeigt uns die gegenwärtige Bewertung ·der Probleme des Um- weltschutzes: Schutz dem Grundwasser, mehr Möglichkeiten der Abwasserbeseitigung und vor allem mehr Möglichkeiten für die finanziell aufwendige Klärung desselben. Zum Thema gehörend möge die Luftverunreinigung, die Be- seitigung des rapide anwachsenden Anfalles von Abfall- produkten (Müll), der Schutz gegen Lärm etc. angeführt werden, zu deren Bewältigung ebenfalls hohe Anteile der uns zur Verfügung stehenden Mittel erforderlich sein wer- den. In der Diskussion um diese Probleme zeichnet sich schon heute deutlich das Ringen um die Verteilung des hiefür erforderlichen Aufwandes ab. Die Industrie ist be- müht, die zwn Teil von ihr verursachten Umweltver- schmutzungen nicht ihrem Produkt anzulasten, sondern zu einem gemeinsamen öffentlichen Anliegen zu erklä- ren. Es wird kaum eine Zeit kommen, in der man für die Bewältigung öffentlicher Aufgaben mehr Mittel auf- wenden wird können, als sie der private Konsum zur Verfügung haben wird. Sie können sich heute schon aus- rechnen und überlegen, wer hier - ich will nicht sagen Sieger sein wird - aber zu wessen Gw1Sten ein Teil die- ser Überlegungen entschieden wird. Alle diese Probleme benötigen zu ihrer Lösung nicht nur Überlegungen, Planungen, sondern auch einen er- heblichen zusätzlichen Kapitalaufwand. Verehrte Damen und Herren des Gemeinderates! Wir haben heute nur einen Haushaltsvoranschlag für ein weiteres Jahr zu erstellen. Die derzeit vorgeschriebene kameralistische Fassung der Voranschläge und der Ab- rechnung unserer wirtschaftlichen Tätigkeit gibt zeitlich darüber hinausreichenden Festlegungen keinen Raum. Ich glaube doch, daß wir uns bei der Debatte über den Haus- haltsvora11Schlag darüber hinaus Gedanken machen müs- sen. Ich habe versucht, einige Probleme anzudeuten, die

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