Amtsblatt der Stadt Steyr 1970/7

6 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1970 verwahrte, von Marx Reichlich illustrierte Handschrift Grünpecks über" Zeichen, Wunder, Mißgeburten und Un- geheuer, welche sich im Zeitalter Maximilians zutrugen und wie sie ähnlich auch zu anderen Zeiten auftraten", Linz, 25. Dezember 1502. Dieser Arbeit ist auch die diesem Aufsatz beigegebene Darstellung entnommen. Sie zeigt Grünpeck, wie er dem königlichen Sekretär Blasius Hölzl Wunderzeichen erläutert. Er weist hin auf die verschieden geformten Kreuze, auf Nägel, Hammer, Schwamm und Lanze und ganz besonders auf den aus den Wolken sausenden Meteoriten. Brauste doch in der Mit- tagszeit des 7. November 1492 bei Ensisheim im Sund- gau ein solcher Stein zur Erde. Diese interessante Ab- bildung überliefert auch das Wappen (Geweih) des Histo- riographen. V/ ·j.,\ "IP' ,1 ~ .V. .1 )#1 . . ' ..., . ' ~ \ ... '• -, AUS F. WILFLINGSEDER, JOSEPH GRÜNPECK UND MARX REICHLICH Repmd11ktio11: Mehwald Die im Jahre 1518 verliehenen Mühldienstleistun- gen bezog Grünpeck von der am linken Steyrufer, ge- genüber der ehemaligen Spitalskirche (Vorstadtpfarr- hof) gelegenen Hofmühle (Zerstörung durch Bomben). Eine im Burgfried der Stadt gelegene "Fischhub mit Wiesen, Äcker w1d andere Stuck" hatte er vorn Kaiser schon früher erhalten, vermutlich nach 1508. Ganz ungestört aber konnte Grünpeck in Steyr, vornehmlich in den Jahren 1518. und 1519, sein Pfründ- nerdasein nicht genießen. So wollte ihm der angesehe- ne Bürger Banns Moser, dem wahrscheinlich das Stadt- kammeramt anvertraut war, den Besitz der Fischhub "wider kaiserlichen Befehl, Siegel w1d Handschrift" streitig machen und Steuern eintreiben. Seine medi- zinische Betätigung führte zu Streitigkeiten mit Sieg- mund, Müller zwischen den Brücken und dem reichen Handelsherrn Banns Prantstetter, dessen Frau er ge- heilt hatte. Von beiden Patienten hatte er Honorare zu fordern. "Doktor Joseph", wie ihn die Steyrer nannten, suchte in diesen Angelegenheiten Schutz bei der Stadt- obrigkeit, beim Landes-Hauptmann und beim Kaiser. Auch als Astrologe betätigte sich Grünpeck in der Eisenstadt. Zwei von ihm erstellte Horoskope sind w1s überliefert. Gegen Ende des Jahres 1507 verfaßte er eine astrologische Prognose für die Festsetzung eines städti- schen Wahltermins. Die für Dezemher anberaumten Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen konnten we- gen der damals in der Stadt herrschenden revolutionären Stimmung erst zu Anfang des Jahres 1508 durchgeführt werden. "Ein Ersamer Rath", so berichtet Preuenhueber, "hat sich derley widrigen Unruhe nicht unzeitig besorgt und sich derentwillen vorher des Himmels und der Pla- neten Lauff, um diesel\.ie Zeit erkundigt." Nach dem Horoskop Grünpecks war der 9. Jänner "glücklich für die Herren", der 10. Jänner aber dem "gemeinen Pöbel" günstig. So wurde denn auch an diesen Tagen "fried- lich" gewählt, und zwar zum Bürgermeister Pankraz Dor- ninger, zum Stadtrichter Hanns Scheubel. Während seines dauernden Aufenthaltes in Steyr, also nach 1518, dürfte der "kaiserliche Pfründner" das von Franz X. Pritz in seiner Stadtgeschichte veröffent- lichte "Horoskop der Stadt Steyr" ausgearbeitet haben . Was trotz intensiver Forschung bis heute unbekannt ge - blieben ist, das wußte Grünpeck auf die Stunde genau, nämlich, daß die Eisenstadt im Jahre 980 "zwischen den Zweyen Wässern Ennß und Steyer den 24 Tag des Mo- nathes Augusti in der zwelften stw1dt zu bauen angefan - gen worden. Just zur selben stundt stieg mitten an dem Hilnel auf der l0te Grad Leonis und die Sonn hatte ihren standt mit vollkommenen Glanz, den sie auf daß Erd- reich warff. Darinen besteht Saturnus, stundte aber in dem 19 grad der Waag, Jupiter mitten an dem Hilnel bey der Sonn, Mars im 3ten Grad des Stiers, Venus im 14ten grad des Scorpions, der Mond im 16ten grad des Stiers". Die aus dieser Planeten- Konstellation abgelei- teten Ergebnisse sind recht dürftig. Was Grünpeck z. B. über den Charakter der Bürger sagt, könnte ebenso gut heute und auch für Bewohner anderer Orte gelten. Wenn er prophezeite, daß die Stadt "mit ihren Handlungen ge- gen Aufgang der Sonnen" größere Erfolge aufzuweisen haben werde, "als gegen anderen Enden", so irrte er, da bekanntlich die Hauptausfuhr von Stahl und Eisen in die westlichen Länder Europas erfolgte. Im Jahre 1524 wurden die Hofmühle und die Gül- ten an den Bürger Fuchsperger vergeben. Über den Hi- storikus, der vermutlich eine "laufende Provision" er- hielt, berichten die Archivalien letztmalig im Jahre 1529. Wann und wo sein Leben endete, ist nicht bekannt. Wenn Doktor Grünpeck ob seiner ärztlichen und astrologischen Betätigung nicht selten als Wahrsager und Quacksalber hingestellt wird, so darf nicht übersehen werden, daß sich gerade am Ausgang des Mittelalters und noch in den folgenden Jahrhunderten die Menschen ein- gehend mit sterndeuterischen Spekulationen befaßten. Sicherlich war der Historiograph stark beeinflußt von den auf astrologischen Studien beruhenden geschichtsphilo- sophischen Ansichten des Würzburger Abtes JÖhannes Trithemius, der als der bedeutendste Astrologe zu An-

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