Amtsblatt der Stadt Steyr 1969/3

4 AMTSBLATT DER STADT STEYR macher •genannt, erstmals 1384 in Nürnberg erwähnt. Während sie in dieser Stadt als Angehörige der freien Küns.te galten, wurden sie in Oberösterreich als Hand- werker angesehen. Der erste namentlich bekannte _Kartenmaler in Steyr ist Simon . Aue r, er kam 1559 aus Kremsmünster. Es ist anzunehmen, daß schon lange vor Auer in der Eisenstadt Spielkarten erzeugt wurden. In dem Stadtge- richtsprotokoll vom 8. November 1700 wird nämlich die "Kartenmaler-Werkstätte" in Steyr als "die älteste im Lande" bezeichnet. Bis in die Zeit Kaiser Josefs II. besaßen die Karten- maler keine Handwerksordnung. In einer Beschreibung der städtischen Handwerksverbände aus dem Jahre 1655 heißt es, daß die Kartenmacher "weder in diesem noch anderen Landen".,eine Ordnung haben. "Derjenige, so zu denen Lehrjahren auf wird genommen", w.ird weiter ge- sagt, "der gibt 1 Gulden 2 Schilling. Und soviel nach erstreckten Lehrjahren das Meisterwerden erfordert, ne- ben Aufbringung des Werkzeugs, allhier mehr nicht als 5 Gulden". Ungehalten waren die Kartenmaler über den ·1677 eingeführten Kartenaufschlag. Sie richteten an den Stadtrat die Bitte, in_Wien die Aufhebung dieser Abgabe zu erwirken. Im Jahre 1681 verlieh Kaiser Leopold I. dem niederösterreichischen Regimentsrat Simon Adrian von Lantzenburg auf 25 Jahre das Privilegium, in Fabri- ken "auf französische Art planirte Karten allerhand Sor- te!l" herstellen zu lassen. 1765 verlangte ein kaiser- liches Reskript, daß im Hinblick auf die große Zahl der Meister "ohne allerhöcbstes Vorwissen" keinem Karten- maler das Bürgerrecht verliehen werde. Drei Jahre spä- ter wurde bei Strafe von zehn Reichstalern die Signie- rung der angefertigten Kartenspiele gefordert. Eine gedruckte Handwerksordnung für die Kartenma- ler erschien am 16. November 1786. In dieser Ordnung wurde u. a. untersagt, LehrliQge nur von Gesellen frei- sprechen zu lassen. Den angehenden •,Meistern wurde ver- boten, den Gesellen Getränke zu 'bezahlen und sich von diesen bekränzen zu lassen. Als Meisterstück war in An- wesenheit von zwei Beschaumeistern ein ganzes Spiel von jeder Kartengattung anzufertigen. Als man später eine Kartenmacher-Ordnung für alle Erbländer plante, lehnte man die Forderung, Weiber und Kinder zur Kar- tenmalerei heranzuziehen, mit der Begründung ab, daß Weiber "zu diesen Metier sowohl wegen ihres Leibes Con- stitution als auch wegen anhaltender starken Arbeit durch- aus untauglich" wären. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts. setzte der Nieder- gang der handwerksmäßigen Spielkartener!?euguqg ~in. Im Jahre 1809 gründete der geschäftstüchtige Bucbhänd- ler Friedrich Immanuel Eurich in Linz eine Spielka,nen- fabrik, deren Jahresproduktion 1841 bereits 30 188 Stücl< betrug. Um diese Zeit arbeitete in Steyr der letzte Kar_- tenmaler. Durch volle drei Jahrhunterte kann hier dieses Handwerk nachgewiesen werden. Die ,in, den Arcpivali,en des Stadtarchives genannten Meister seien abschließend angeführt: Simon Aue r (1559 aus Kremsmünster), Siegmund Auer (1567, 1569), Hans P.Funner (1582, 1591), Mich a e 1 Weiß , (aus FreibeFg , in Meissen, 1592 Bürgerrecht), Michael S.chramb (1597, 1598), Melchior Br·unner (1609, 1615), Bernhard Haager (um 1611), Hans Korntheur (1612 aus Peuerbach), Hans Fürschner (1631 - 1659, besaß Haus Sierningerstraße 14), Andreas Prunner (1635), Abraham Prunne r (1636 - 1651, 1640 Bürgerrecht), Hans Se y fahrt (1637 Bür- gerrecht), Georg Pr u n er (1661 bis 1723, Hausbe- sitz in Aichet), Hans Pr u n er (1663), Georg M c n n c r (1666, 1695, besaß Haus Sierningerstraße 16), Wolf Hans Schenleithner (1714ausGarsten, be- saß Haus Schu~bodengasse 3), Hans Georg Ober - m a y r (1718 aus Linz, 1721 Bürgerrecht, 1725 Bürger- abschied), Franz Schönleuthner (1754 Bürger- recht, 1773 bis 1794 Besitzer des Hauses Kirchengasse 7), Max Grabmer (1757Bürgerrecht), Franz Schön- leüthner (1794 Bürgerrecht, bis 1812imBesitze des Hauses Kirchengasse 7), Pa u 1 Geil h o f er 1817 - 1826, wohnhaft im Hause Enge Nr. 8), Wenzel Schöbe} (1826 -1836, Enge Nr. 8) und Johann Gei 1h o f er (Stiefsohn Schöbels, er arbeitete noch um 1860). Über den letzten Steyrer Kartenmaler berichtet Marianne Kautsch:"Er soll die Marotte gehabt haben, nur stets eine gewisse Anzahl von Karten anzufertigen; da der Bedarf jedoch größer war als .sein Vorrat reichte, so ließen sich die Tabakverschleißer Karten aus anderen Städten bringen, und da diese besser und feiner waren als diejenigen, welche Geilhofer erzeugte, so mußte er das Geschäft einstellen". Dr. Josef Ofner (Stadtarchiv Steyr: Ratsprotokolle u. a. Archivalien.-G. Wacha, Vier Farben Glück. Kartenmaler in Oberöster- reich, 1968. - M. Kautsch, Einiges über die alten Steyrer Gewerbe, 1904. - R. Schindler, Die Kartenmaler in Linz, Wels, Steyr und Freistadt, 1952) * * * 75 Jahre elektrisches Licht in Steyr A ls erste Stadt Oberösterreichs bekam Steyr vor nun- mehr 75 Jahren eine durchgehende elektrische Be- leuchtung. Die·sem Umstande trug kürzlich die Ober- österreichische Kraftwerke AG, seit 1964 Rechtsnach- folgerin der Elektrizitätswerke in Steyr GesmbH, in einer kleinen Festveranstaltung Rechnung, in der Gene- raldirektor Dipl. -Ing. Alfred Klimesch vor Vertretern der Stadtgemeinde und Direktoren der Steyr-Werke zur Ent- wicklung der Stromversorgung sowie damit im Zusam- menhang stehenden aktuellen Problemen Stellung nahm. Dem Engagement von Josef Werndl ist es zu danken, daß erstmals, zunächst nur für drei Tage, anläßlich der 40 von ihm veranstalteten Industrie- und elektrischen Aus- stellung bereits im Jahre 1884 in Steyr elektrisches Licht brannte. Die Stromanspeisung erfolgte damals aus dem Wasserkraftwerk Heindlmühle. 1892 unternahm es ein "Steyrer Konsortium, das Monopol der seit 1867 beste- henden Gasgesellschaft zu brechen und der alten Eisen- stadt die Möglichkeit einer andauernden, besseren und billigeren Beleuchtung zu erschließen. Da das Wasser- kraftwerk der Waffenfabriksgesellschaft der öffentlichen Versorgung nicht verfügbar gemacht werden konnte, wur- de, insbesondere über Betreiben der Firmenleitung der Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks AG, beschlossen, ein

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2