Amtsblatt der Stadt Steyr 1968/3

Amtsblatt der Stadt Steyr J Die Nagelschmiede im Steyrer Heimathaus D,, ie_. Stadt __St~y~ ~ann auf eine jahrhundertealte Tra- dit10n als Zentrum de,s Eisenhandels_und der Ei- ~~n:&'e,rarqeÜung verweisen. Es ist dah~r nicht verw~n- . d~rlich, da 'ß dit Stadtgemein,de es sich zur Aufgabe mach.te , im Rahmen des Städtischen Heimathauses dem E'isen und s'einer Verarbeitüng breiten Rautn ZU widmen. Bekanntlich wurde 'im Zuge des Ausbaues eines "Eisenmuseums" an den Innerbergerstadel ein Gebäu- de angebaut, in welchem bisher der "Sensenhammer",·"'. eine Sensenschmiede mit Originaleinrichtung und die bekannte "P_t'~tern;i.a,ndl'ßi::b.e Messe~sa1nmlung", ,w~lche., Messer aus vier ;,f\ol")tinentep. •zeigt. unt~'rgel}pfht wur,:- :. den. In diesem rGebäuae stancl no'ch ein größerer Raum zur Verfügung und es war von vornherein beabsichtigt, , diesen zur 'Ausstellung weiterer Zweige der Eisenverar- beitung izu nutzen. · DAS BILD ZEIGT DIE EINRICHTUNG um lM HUMA T- HAUS AUfGESTELLTEN NAGELSCHMIEDE Nach dem zweiten Weltkrieg kam das Nagel- schmiedehandwerk zutn Erliegen. Vor mehr als 200 Jahren hatten sich in der Umgebung der Stadt Steyr, im Dambachtal, Gemeinde Garsten, Nagelschmiede „ a~gesiede1t und zur _Zeit 'der Franzosenkriege sollen der Überlieferung nach französische Soldaten dort 'ihre Schuhnägel bezogen haben. Zur Blütezeit de'r Nagel- schmiedezunft wurden allein in diesem Tal 36 Werk- stätten gezahlt.' Die weii:a US ratione'llere Produktion durch Maschinen, 'die Verdrängung der Pferde durch Traktoren und zuletzt das Aufkommen der Gummi- profilsohlen, versetzten ·diesem Handwerk den Todes- stoß. Die · Feuet in den Essen erloschen, die Nagel- schmiede suchten in der Industrie und anderen Wirt- schaftszweigen Arbeit und still wurde es in den Flußtä- lern unseres Landes. Als Letzter stellte der Betrieb des Kilian Brettenthaler, dessen Vater 1868 in das Dam- öachtal gekommen war, im Jahre 1955 seine Tätigkeit ein. · Im Jahre 1959 wurde die Einrichtung dieser Werk- stätte von der-,Stadtgemeinde Steyr für museale Zwecke erworben und zur Aufstellung im Heimathaus nach Steyr gebracht. Nach umfangreichen Vorarbeiten konnte im Jahre 1e63 mit.der ·baulichen Adaptierung des vorgese- henen Raumes begonn~n wer'c!en. Es wurde getrachtet, die Schmiede in der ursprünglichen Anordnung und mit der Originaleinrichtung wieder aufzubauen. Gleichzei- tig muß.ten auch alle Werkzeuge und Geräte einer fach- männischen Konservierung unterzogen werden. Zuletzt wurde noch die Einrichtung des Raumes, zu der der.frü- here Besitzer Kilian Brettenthaler sehr wesentlich bei- trug, vorgenommen und für eine entsprechende erläu- ternde Beschriftung gesorgt. Gleichzei.tig war auch der Verwendungszweck der einzelnen Geräte und Werkzeu- ge ,sowie die einzelnen Arbeitsgänge genau festzuhal- ten. · Nunmehr konnten die Arbeiten, die einen Aufwand von rund S 50. 000, -- erforderten, von denen ein Teil das Land·Oberösterreich in Form von Subventionen bei- stellte, vollendet und die Sehmiede der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Werkstätte gliedert sich wie folgt: An einer Längsseite des Raumes ist die Esse mit dem Blas- balg aufgebaut. In ihrem Feuer wurde das Rohmaterial (das Zaineisen, der Walzdraht oder Vierkantstab, pro Schmied jeweils zwei Stück), zur Bearbeitung zum Glühen gebracht. Jeder Schmied mußte dabei, wenn er das Werkstück aus dem Feuer nahm, einmal die Tret- stange des Blasbalges betätigen, um das Feuer in Gang zu halten. Vor der Esse waren die Arbeitsplätze, drei an der Zahl. angeordnet. Auf wuchtigen Baumstümpfen ruht eine mit B'lecb beschlagene Holztafel. Darauf sind die Ambosse und sonstigen Geräte angebracht, wobei jeder Arbeitsplatz zur Herstellung einer anderen Nageltype eingerichtet ist. An den Wä,nden sind Werkzeuge und Zubehör, al- les von den Nagelschniieden selbst angefertigt, zur Schau gestellt. Neben versehicdeneri- Nageleisen und Hammer! zur Erzeugung der "Mausköpfl" sind auch noch alte Bohr- geräte zu sehen, mit denen · der Schmied wie ,in alter Zeit in fürif.;~bis ' achtstündiger ArbeÜ ein 'Loch durch ein Nageleisen bohren mußte. Eine Mustertafel, auf welcher alli:; vom Betrieb erzeugten Nageltypen ausgestellt sind, veryollständigt die Einrichtung; Entspr~chende Beschrif- turig~n und eine !-teihe von Halbfabrikaten erläutern den Arbeitsgang. 1: Fünf Arbeitsgänge, bei denen die Anzahl der Ham- merschläge festgelegt war, waren notwendig, um einen Nagel zu erzeugen. Um 5 Uhr morgens begann das mo- notone Tagwerk und bis 19.00 Uhr hörte man den Klang de.r Hämmer. Es bedurfte unermüdlichen Fleißes, um in zwölfstündiger Arbeitszeit eine Tagesleistung, die je 39

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