Amtsblatt der Stadt Steyr 1968/2

4 Amtsblatt der Stadt Steyr 1968 Voranschlag der Stadt Steyr für das Jahr 1968 E s soll im Rahmen des Amtsblattes auf den Voran- schlag der Stadt für das Jahr 1968 näher einge- gangen werden, wenn auch die Presse darüber bereits berichtet hat. Der Gemeinderat hat diesen Voran- schlag nach eingehenden Beratungen und einer regen Debatte in seiner Sitzung am 20. 12. 1967 beschlossen. Es wird hiebei wie alljährlich im wesentlichen den Ausführungen des Finanzreferenten Bürgermeister Josef Fellinger gefolgt: Der sehr publikumswirksame Leitgedanke, ein schuldenfreies Budget aufzustellen, konnte schon im vergangen Jahr nicht mehr verwirklicht werden. Schon das Budget für 1967 sah im außerordentlichen Haushalt eine Kreditaufnahme von 28 Millionen Schilling vor. Wenn auch der Umfang der Inanspruchnahme von Kredit- mitteln aus Kreditinstituten noch relativ gering war. so müssen wir uns doch damit vertraut machen, in den kommenden Jahren erhebliche Kredite in Anspruch zu nehmen, wenn wir unsere Investitionstätigkeit nicht einstellen oder vermindern wollen. Dies dürfen wir gerade in der Gegenwart nicht, auch nicht in den folgenden Jahren, denn wir würden durch eine Ein- schränkung unserer Investitionstätigkeit mit den so notwendigen kommunalen Einrichtungen unserer Stadt arg in Verzug geraten. Es erscheint mir undenkbar, den Wohnbau in unserer Stadt zu drosseln. 2. 620 Neuein- tragungen enthält die Vormerkliste für das kommende Jahr. Wohnungssuchende werden von Jahr zu Jahr mehr. Das heißt, wir müssen uns ununterbrochen bemühen, jenen Kreisen unserer Bevölkerung, die heute noch keine eigene Wohnung oder keine nach dem derzeitigen Wohnungsstandard familiengerechte Wohnung besitzen, zueinerWohnungzuverhelfen. Die Zahl 2.620 neu ver- merkte Wohnungssuchende ist ungefähr jene Lc.'..i von Wohnungen, die wir in den letzten Jahren errichten konnten. Es erscheint mir undenkbar, für den stets an- steigenden Verkehr nicht die notwendigen Straßen, Brücken und den notwendigen Parkraum zu schaffen. Wir müssen uns auf diesem Sektor ständig am laufenden halten. Ich bin überzeugt, daß Sie in der Diskussion Forderungen nach verkehrserleichternden Umfahrungs- straßen erheben werden. Wir konnten erleben, wie steil die Kurve der Fahrzeuge und des Verkehrs, vor allem in den letzten Jahren gestiegen ist, wenn auch in den n.ächsten Jahren sich vielleicht die Kurve des Verkehrs- aufkommens etwas verflachen wird. Die vorausbe- rechenbare Verkehrsdichte auf unseren Straßen wird uns vor schwere Aufgaben auf diesem Sektor stellen. Pläne für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in unserer Stadt sind vorhanden, sie sind technisch und organisatorisch vorhanden und wir sind gerüstet. Nur das notwendige Geld steht uns noch nicht zur Verfügung. diese unsere Pläne zu verwirklichen; z. B. auf dem Kanalbausektor, auf dem wir einen überaus großenNach- holbedarf decken müsse n.um auf diesem Sektor erst lang- sam den Anschluß an ein modernes Abwa sserbeseitigungs- netz in unserer Stadt zu finden. Es kann ebenfalls nicht daran gedacht werden, dieser Sparte geringere Mittel zuzuweisen. Wenngleich derzeit das Schulwesen oder das Schulraumproblem saturiert erscheint, so sehen wir doch auf diesem Sektor schon wieder neuen Bedarf 20 auf uns zukommen. Wir hatten vor Inbetriebnahme der Taborschule einen Fehlbestand von 29 Klassen. Wir müssen annehmen, daß in dem jetzt vor uns liegenden Zeitraum von 3 - 4Jahren die Schulgesetzgebung durch- gesetzt wird, sodaß auch die Klassenbelagsziffer, wie es das Schulgesetz vorschreibt, eingehalten werden muß. Damit erwartet uns die Notwendigkeit, weitere 10 Klassen zu errichten. Allein aus dem voraussichtlichen Scl1üler- zuwachs in unserer Stadt sind 21 Klassen neu erforder- lich, Wir haben bei den derzeitigen Bauvorhaben am Tabor und auf der Ennsleite, wenn sie fertiggestellt sind • 38 neue Klassen. Wir können aus dieser Rechnung er- sehen, daß wir ungefähr im Jahre 1971 schon wieder einen Fehlbestand von 22 Klassen haben. Ich glaube nicht, daß wir uns in dieser Zeit dem Problem der neu heranwachsenden Schulraumnot werden gänzlich ver - schließen können. Diese ganz kurz gefaßte Aufzählung dringendster kommunaler Aufgabengebiete soll auch nur repräsentativ für den großen umfangreichen Katalog kommunaler Aufgaben angeführt sein. Es würde aber eine drastische Einschränkung kommunaler Investitionstätigkeit der Wirtschaft unserer Stadt schweren Schaden zufügen. In manchen Berufs- sparten könnten dadurch ernste Gefahren für den Bestand dieser Betriebe heraufbeschworen werden. Aus den ordentlichen Einnahmen ist eine Bedeckung des außer- ordentlichen Haushaltes in keiner Weise gewährleistet. Die vorher angeführten Gründe veranlassen uns daher zwingend, Kredite in Anspruch zu nehmen, daß heißt Schulden zu machen. Die Frage nach der Ursache dieses erheblichen Notstandes unserer Stadtfinanzen ist noch einer besonderen Beantwortung zuzuführen. Ich glaube der Begriff Notlage ist dann voll berechtigt, wenn eine Stadt aus ihren ordentlichen Einnahmen die Erfordernisse nicht mehr bestreiten kann. Es ist natürlich nicht nur ein Grund, sondern es sind deren mehrere die Ursache dieser Situation. Der gravierendste Grund ist der Rück- gang der Steuerleistung der Wirtschaft in unserer Stadt. Beispiel hie für ist das Sinken der Einnahmen aus eigenen Steuern. Deutlich zeigt sich dieser Rückgang, wenn wir die im Statistischen Jahrbuch der Städte ausgewiesenen Kopfquoten zum Steueraufkommen vergleichen. Im Jahre 1957 hatten wir eine Kopfquote von 1. 907, -- Schilling pro Einwohner. Diese Kopfquote hat sich in diesem Zeitraum von S 1. 500, -- , 1. 100, - - , 1.000,--, 1.200,--, 1.300,-- auf derzeit 1.380, - - im Jahre 1968 auf 1. 350, -- reduziert. Wir haben hier einen Abfall in abs-oluten Zahlen, das heißt die Zahl der Schillinge ist weniger geworden. Nun wissen wir aber auch, daß der Wert des Schillings eine Minderung er- fahren hat. Bezogen auf den ~benshaltungskostenindex müßte die Kopfquote heute einen Wert von rund S 2. 800, - haben. Nachdem wir aber überwiegend lohnintensiv ar- beiten, müssen wir zum Vergleich den Baukostenindex anlegen. Darnach würde die uns heute zustehende Kopf- quote bei ungefähr S 3. 100, - - Hegen müssen. Wir können daraus die Diskrepanz zwischen S 1. 300, - - und 3.100, -- im Steueraufkommen unserer Stadt erkennen. Es muß auch hier, um die Vergangenheit zurekon- struieren, gesagt werden, daß wir in der Vergangenheit

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