Amtsblatt der Stadt Steyr 1967/7
4 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1967 Steyrer Schützenfeste in alter Zeit Im Jahre 1506, am Freitag vor dem vierten Sonntag nach Ostern.so berichtet Valentin Preuenhueber in seinen Annalen, "hat ein Ersamer Rath zu Steyer, zum erstenmahl verwilliget und zugelassen, weile11 sie in Erfahrung komme 11, daß Kayserl. Majestät (Maximi- lian I.) in etlichen Deroselben Städten, die Püxen- Schützen mit sonderbaren Ehren m1d Schenckungen be- gabt, daß auch allda zu Steyer die Burgerschafft und ledige Persohnen, sich mit der Kunst des Püxen- und Stahlschiessens üben: Und alle Sonntag die Püxen- Schützen, und jedesmahl über 14 Tag hernach die mit der Armbrust schiessen mögen; Darzu gemeine Stadt ein Hosen Tuch zum besten zu geben gewilliget; Doch daß um dasselbe nicht weniger als zehen schiessen sollen." Dieser Ratsbeschluß weist auf eine schon damals in Steyr bestehende Schützenbruderschaft hin. Lag doch die Verteidigung der Stadt im Mittelalter in den Händen der BUrger, die mit der Ha11dhabu11g vo11 Armbrust ("Stachel") und Feuerbüchse vertraut sein mußten. Für das gesamte städtische Schützenwesen waren in erster Linie die Weisungen der Stadtobrigkeit maß- gebend. Der Stadtrat ratifizierte die von den Schützen- meistern oder von Ratsfreunden und vom Stadtschreiber erstellte "Schützenordnung", er sorgte für die Instand- haltung des Schießstandes und schickte Ladschreiben an Städte und Adelige, wenn die Durchführung eines Schützenfestes beschlossen worden war. Die Steyrer Schützengesellschaft, an deren Spitze ein Oberschützenmeister und zwei Schützenmeister standen, förderten nicht allein die "ritterliche Kunst " des Büchsen- und Stahlschießens, sondern organisierte auch die städtischen Schießveranstaltungen. Schon im 16. Jahrhundert wurden Festschießen ab- gehalten. Am Sonntag Trinitatis 1531 veranstaltete der Rat "zur besonderen Kurzweil" ein Freischießen, bei dem 24 Gulden den ersten Preis bildeten. Auch ein Glückshafen, in dem 20 Gulden gewonnen werden konnten, war mit dem Schießen verbunden. Ein" offenes Freischießen" um ein "Trinkgeschirr" im Werte von 12 Gulden ließ die Eisenstadt im September 1548 ansagen. Zu den Gästen zählten die · Herren von Losenstein und Gotthard von Scherffenberg. Den Preis gewann Herr Matthäus Rauschbach aus Wien. Das oben erwähnte Hosentuch spendete der Magistrat gewöhnlich nur dann, wenn es die städtische Finanzlage erlaubte. So gab die Stadt 1653 zum Haupt- schießen einen Betrag von 100 Gulden, weil die Schützen schon viele Jahre kein Tuch erhalten hatten. Zu den prächtigsten Schützenfestlichkeiten zählte wohl das "freie Gesellenschießen mit Pürstbuxen von Feuerschloß und Stein", das am Sonntag, 7. September 1614 seinen Anfang nahm und nach etwa vier Wochen "in Zufriedenheit und Fröhlichkeit" endete. Im Auf- trage des Magistrates sandte die Schützengesellschaft schon im Mai gedruckte Einladungen an die Schützen - verbände in Österreich und Deutschland. Dieser Auf- forderung folgten Schützen aus Wien, aus der Steier- mark, aus Kärnten und Krain, sie kamen aus Landshut München, Regensburg, Nürnberg und Breslau. Auch viele Adelige aus der Umgebung fanden sich ein. Jeder Teilnehmer hatte als Einleggeld vier Gulden zu entrichten. Der Festplatz befand sich vor dem St. Gilgen- 104 tor (etwa zwischen Promenade und Gabelsbergerstraße).. Der Magistrat ließ dort eine Hütte errichten und gab zum Ankauf der Beste 70 Taler. Das Hauptbest bestand in einem vergoldeten Silberbecher im Werte von hundert Gulden. Grüne Seidenfahnen, geschmückt mit dem Stadtwappen, wurden zu den Geldpreisen verliehen. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges dürften keine größeren Schützenfeste stattgefunden haben. Das Ende der harten Kriegszeit feierte jedoch Steyr mit einem "Friedensfest" im Jahre 1650, dessen Durchführung die Schützengesellschaft übernommen hatte. Ein Hauptschießen veranstalteten die "Schieß- freunde" 1653. Die Leitung lag in den Händen des Ober- schützenmeisters Maximilian Luckhner (Bürgermeister 166 0 - 1677). 1668 versandten die Schützenmeister Daniel Knäbl und Gottlieb Hoffmann Einladungen zu einem am 6. Mai geplanten "Hauptschießen in all- hiesiger Schießstatt." In den folgenden Jahren, um 1671, wurden die Schießübungen durch längere Zeit vernachlässigt. Als aber im August 1680 Kaiser Leopold I. die Eisenstadt be- suchte, trat die Schützengesellschaft wieder in Erschei- nung. Sie veranstaltete ein Schießen im Stadtgraben, dem der Kaiser zwei Stunden lang beiwohnte. Die von der Stadtobrigkeit im Jahre 1631 bestätigte Schützenordnung ist nicht mehr vorhanden. In Abschrift erhalten ist jedoch eine 35 Artikel umfassende Ordnung filr das Kränz!- und Flintenschießen vom 1. Mai 1691. Einige Punkte dieser Satzungen, die "alten löblichen Schützengebrauch" überliefern, seien hier angeführt: "Solle kein Schütze unter währendem Kränzl- schießen, außer Erlaubnis eines Herrn Schützenmeisters und vorheriger Erlag des Schußkreuzers, einigen Probier- schuß tun. Da sichs begebe, daß einem Schützen an einem Schloß oder Schnöller etwas zerbreche, und solcher Defekt nicht alsobald repariert werden könnte, dem solle alsdann nach Erkanntnus der Schützenmeister seinen Schuß aus einem andern Rohr zu verrichten zugelassen sein, und soll ein jeder Schütz, der mit ungespanntem Schloß und unüberzogenem Hahn oder ungestochenen Schnöller schießen will, um drei Kreuzer gestraft werden. Welchem Schützen die Büchsen im Stand drei- mal versagt, und er darüber mit der Büchse von Wang kommt, soll denselben Schuß verloren haben, doch kann mit Verlaub eines Schützenmeisters durch einen andern Schützen ihm, so oft es vonnöten, an dem Wang gespannt werden. Soll ein jeder Schütz mit freischweberulen Armen seine Flintenschuß vollbringen, der dawider betreten wird, der soll gepritschet werden oder sechs Kreuzer Straf erlegen. Welchem Schützen im Stand seine Flinten un- versehens ab- oder losginge, er habe hernach ange- schlagen oder nicht, der habe denselben Schuß ver- loren. Wofern aber einer einen Prell- oder Gellschuß täte, ob er gleich die Scheiben damit getroffen, so hat derselbe nichts destoweniger den Schuß verloren. Soll kein Schütz noch jemand anderer unter währendem Schießen ohne Erlaubnis der Schützen-
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