Amtsblatt der Stadt Steyr 1967/4

1967 AMTSBLATT DER STADT STEYR 3 r Zur Geschichte des Steyrer Stadtschreiberamtes A n der Spitze der Magistratsbeamten stand in frü- heren Jahrhunderten der Stadtschreiber. Er war aber nicht, wie man vielleicht annehmen könnte, ein gewöhnlicher Schreiber, sondern ein hochgebildeter Mann, der über umfassende Rechtskenntnisse verfügte. Nicht selten wurde er daher als Syndikus den Beratun- gen der Vertreter der landesfürstlichen Städte (Steyr, Linz, Enns, Wels, Freistadt, Gmunden, Vöcklabruck) beigezogen. Die von ihm ausgestellten Urkunden schätz- te man besonders wegen ihrer Rechtssicherheit. Ob sei- ner großen Amtserfahrnng war er für Bürgermeister, Richter und Rat unentbehrlich. Zur Zeit der Wahlen, die meist eine Änderung des Stadtregiments zur Folge hatten, bildete er im Bereiche des Rathauses "den ru- henden Pol". Stets war die Stadtobrigkeit darauf bedacht, das verantwortungsvolle Stadtschreiberamt mit einem an einer Universität in der Juristerei ausgebildeten und in Amtsgeschäften versierten Beamten zu besetzen . Be- vorzugt wurden Bewerber, die bereits durch längere Zeit in einer landesfürstlichen Stadt als Stadtschreiber tätig waren und mit einem entsprechenden Empfehlungs- schreiben aufwarten konnten. Jedem Stadtschreiber wurde bei Antritt des Dien- stes eine ''Instruktion" eingehändigt, in der seine Ein- künfte, sein Arbeitsbereich und die ihm zustehenden Taxen festgelegt waren. So umfaßte z. B. die dem Stadtschreiber Balthasar G r e y m o 1d t überreichte In - struktion vom letzten Februar 1636 zehn Artikel und ein Gebührenverzeichnis. Die Einleitung lautete: "Von denen Edl, Vest, Hochgelerten, auch Ernvest Fürsichtig Ersamb vnd Weisn Herrn N: Burgermaister, Richter vnd Rath der Statt Steyr ist dem Ernvesten Wolgelerten M: Baltha- sarn Greymoldt I. V. C. vnd der Zeit Stattschreibern alda nachvolgete Instruction, wie Er sich in wehrent sei- ner Function verhalten, dan der Tax halber accommo- diern solle, vnder Gmainer Statt Cleinerem Secret In- sigl verfertigter eingehendigt vnd erthailt worden". Im ersten Punkt der Instruktion wird dem Stadt- schreiber aufgetragen, den Ratssitzungen beizuwoh - nen, Reisen und "Verrichtungen über Land" zu über- nehmen, bei dem Stadtgericht, "sowohlen in Zivil- als Kriminalsachen, auch mit Stellung allerhand Schrif- ten, Reden und in anderweg, was von Zeit zu Zeit für- fallen tut" und in Angelegenheiten der 1625 gegründe - ten Innerberger Hauptgewerkschaft "treu und fleißig sich gebrauchen lasse". Viel Zeit und Mühe erforderten die Reisen, die der Stadtschreiber über Anordnung · des Magistrates auf sich nehmen mußte. Anschaulich zeigt dies nachstehen- der Bericht des Stadtschreibers Johann Christoph Drummer. der im Jahre 1616 nachträglich eine Ent- schädigung für die seit 1612 im Auftrage des Stadtrates und der Eisenhandelsgesellschaft (1583 - 1625) durchge- führten Dienstreisen forderte. "Darauf ich den 13. April (1612) ", so schrieb er nach seiner Rückkehr aus Wien, "mit vorernannten Herrn Rädlinger und Giefing sel. zur Hauptkommission ins Eisenerz verreist und bis auf den 6. Juni darin verblieben, alle Notdurften, auch des so mir von denen kaiserlichen Herrn Räten und Kommissarien über meine Amts-Expedition ist aufgetragen worden, verfaßt, geschrieben und bei Tag und Nacht hierinnen höchlich bemühet gewest; item bald hernach, als Herrn Giefings sel. erste Hausfrau gestorben, ihn zu Wien ab - gelöst und in die dritte Wochen dorten vernarret. Alsdann im September selbenJahrs mit dem Herrn Rädlinger we- gen der ausgeschafften landsteirischen Hammermeister gen Regensburg in Rei~hstag an den kaiserlichen Hof verreist unc! sieben Wochen a'ußen blieben, alsbald wie- derum mit der kaiserlichen Interzession von hinnen nach der Neustatt(Wiener Neustadt) und von dannen gen Graz, an ihr fürstlichen Gnaden geschickt worden und zwei Monat lang zugebracht. Anno 1614 zu Linz die Eisen~ sachen 6 1/2 Wochen lang sollicitiert, im November desselben Jahres ne'ben Herrn Giefing gen Wien geschickt worden, damalen Herr Giefing alsobald wieder weg und hieher zu seiner Hochzeit verreist, bin ich fast bis zum End des Marti zu Wiet1 verblieben, und also auch in die 17 Wochen zugebracht. Wiederum anno 1615 zu End des Monats Oktober mit Herrn Reinhardten gen Wien verreist und bis auf'den 16.- Dezember ausgewest. Im 1616. Jahr hernach abermalen den , _15. Januari von hier weg nach Wien gefahren und den 21;' Februari wieder h'"imkom- men. Darauf gleich zweimal, jedes 8 Tag zu Linz in Ei- sensachen gewest. Über das alles bin, ich, neben Herrn Reinhardten, auf sonderbare Verordnung E. E. Rats und Eisenhandlungsgesellschaft vom 12. April 1616 bis den 10. August eiusdem anni, mit vieler Mühe und Arbeit, Laufen und Versäumms aller me'incr häuslichen Ehehaf- ten, zu Prag gewest und die völlige endliche Eisen- Kommissions-Resolution sollioitiert, welche Zeit und Außensein in allem zusammen gerait (gerechnet) 78 Wochen, das ist anderthalb Jahr bringt " Die übrigen Abschnitte der für B. Greymoldt aus- gestellten Instruktionen behandeln das Verhalten des Stadtschreibers Bürgermeister, Richter und Rat gegenüber, seine "Verrichtungen" bei den Ratssitzungen und bei den Versammlungen der Stände in Linz, die Führung der Protokolle, die Überwachung der Expedition der ausgefertigten Schriftstücke, die Ausstellung und Ver- wahrung von Urkunden. · In den Ratssitzungen rangierte der Stadtschrei - ber, der sich auch um das Bürgerrecht bewerben muß- te und einen "leiblichen Eid" abzulegen hatte, nach den Mitgliedern des Inneren Rates. "Zum Fall", so lau- tet eine andere Bestimmung, "ein Römischer Kaiser oder anderer hoher Potentat allhier anlangt, und man selbi- ge geb.orsamlich zu empfangen schuldig ist und in Na- men gmainer Stadt ein Burgermeister die Empfangnus für sich selberst nit verrichten wollte, liegt solches_dann ihm Stadtschreiber ob". Diesem wurde auch befohlen, "sich um gute, verständige, bescheidene und verschwie- gene Leut zur Kanzlei" umzusehen. Die überragende Stellung sicherte dem Stadt- schreiber auch ein entsprechendes Einkommen. Valen- tin Preuenhueber vermerkt in seinen Steyrer Amialen, daß die Stadtschreiberei schon um 1469 "ein gutes Dienstl" gewesen sein muß, "weilen Graf Rudolpf von Sultz und Bischoff Ulrich von Passau, des Ka ysers Cantzler, bey den(en) von Steyer intercedirt, den Er- barn Augustin Mändl zum Stadtschreiber aufzunehmen." Die Besoldung des Stadtschreibers B. Greymoldt, dem eine freie Wohnung zustand, betrug jährlich 250 Gulden. Den gleichen Betrag erhielt er als "Zubuße", 55

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