Amtsblatt der Stadt Steyr 1966/10

2 Amtsblatt der Stadt Steyr ::.. t Ratsherr Jakob Zell ~-- 1 . ' 1· t'. Färbermeister und Sfadtchrönist::\- 1 m Jahre 1878 veröffentlichte Ludwig Edlbacher im 33. Jahresbericht de s Oberösterreichischen Museal- vereines die von 1612 bis 1635 reichende "Chronik ·der Stadt Steyer" des Färbers Jakob Zetl. · Über die Jugendzeit des Chronisten sind wit nicht unterrichtet, wir kennennichteinmal seinen Geburtsort. Vermutlich kam er um 161_3 als Färbergeselle nach Steyr. Er hatte in Salzburg gearbeitet: · 'Im Jahre 1612 gehörte er eine Zeitlang zu den Soldaten des Erzbischo- fes Wolf Dietrich. In der Eisenstadt vermählte sich sei- ne Schwester Katharina am 22. August 1614 mit dem Ratsbürger Leonhard . Radlma yr, der' 'aber schon Ende Jäaner des folgende_n Ja,hres starb. Die Witwe spendete zur Pfarrkirche ein Meßkleid und einen Weihkessel aus Zinn. Am 11. Jänner 1616 wurde Zetl vom Rate das Bürgerrecht verliehen. Er mußte ein Bürgergeld im Be- trage von sechs Talern bezahlen und sich mit Muskete und Se itenwehr (Säbel) ausrüsten. Als Handwerksmeister war er Mitglied der seit 1569 im Lande ob der Enns be- stehenden Färberzunft, deren Hauptlade sich in Linz be - fand. Ze tl war zweimal verheiratet. Die zweite Ehe wurde im Herbst des Jahres 1635 geschlossen. Der Stadt- rat, dem e r e in Hochzeit- Ladschreiben zusandte, ließ ihm aus diesem Anlaß durch einen Ratsfreund sechs Re ichstaler überreichen. Aus beiden Ehen stammten sechs Kinder. Sein Sohn Markus. befand sich 1647 auf Wanderschaft, die Tochter Maria Susanna vermählte sich im August 1657. Nach F. Berndt bewohnte Zetl das Haus Haratzmüllerstraße Nr. 14. An der unte ren Ennsleite be sa ß er e inen Stade l, den er 1647 an Wolf Rothueber ve rkaufte . In de r Ze it de r politische n Gegenreformation wur- de de r Färberme ister als katholischer Bürger in die Sta dtve rwaltung berufen. Er war als Vie rte lmeister tä- tig, ve rwaltete das Bruderhaus und das Herrenhaus in der Sierninger Straße, er gehörte zu den wenigen Handwer- kern, die durch viele Jahre (1625 - 1660) in den Rats- körpe rschaften Sjtz und Stimme hatten. Im Jahre 1657 vermerken die Ratsprotokolle: ''Herr Jakob Zetl allda ganz haufällig" . Je.denfalls war e r schon gebrechlich und konnte ni cht mehr jede Ratssitzung besuchen. Er starb im Alter vo11 80 Jahre n im Spätherbst 1660, am 30. No- vember wurde er begraben. In seiner 1647 verfaßten "Testaments- Notel" bedachte er die Stadtpfarrkirche, das Arme n-Lazare tt bei der Steyr, die Dominikaner und Kapuzine r mit je einer Silberkrone. Ferner bestimmte er, daß seine Frau Susanne bei seinem Begräbnis den armen Leute n nach ße lieben ,ein Almosen "auf die Hand" geben möge. Der im ö ffentlichen Leben stehende Handwerksmei- ste r, ein Ze itgenosse der Lokalhistoriker Valentin Pre uenhueber und Wolfgang Lindner, verzeichnet in der eingangs e rw ähnte n Chronik persönliche Erlebnisse, 146 , . 1 : •• Mit den im Jahre 1626 in Steyr lagernden prote- stärfüschen Bauern Stephan fäding~'ts ' 'kam UH· meh'r- , mals in Konflikt, obgleich er ihnen, Q,,tch.Mi:iglic,hkeit aus dem Weg~ ging. ·So entzog er sich: :i. :B: Mner.·von de_m Bau,er_nf4)1rE;r angeordn..t;W.~. ye_re~~Igu_9g~, Si.~,ßg,~- gerschaft. "Den 1. Tag Juni als Montag der Pfingsten", so erzählt er, "ließ der Stephan Fadinger mit Trommel und Pfeifen umschlagen, sowohl auch durch die Viertl- meister ansagen, daß sich die ganze Burgerschaft und alle Inwohner auf das Ratba•us verfügen sollen. Wie sie. nun alldorten zusammen, ist ihnen in Namen des Ober- hauptmanns Stephan ;_Fadingers und der gesamten Bau- ernschaft durch ihren Feldschreibe-r vorgetragen worden, daß die ganze Burger~chaft und 'dero Inwohner mit Auf- reckung zweier Finger denen Bauern einen Eid schwören sollen, daß sie bei der Bauernschaft ihr Leib und Leben, Gut und Blut zusetzen un.d in alleUJ untertänig sein wol- len. Ich Zetl und etliche katholische Burger aber haben unrecht verstanden und sind' diesen Tag in"äer Frühe auf die Seiten gegangen, damit .wir · nicht haben schwören dürfen." Im August aber geriet der ~tsherr'· doch in die Hände der Bauern, die ihm ob seiner politisc,hen und religiösen Gesinnung _den Kopf zersp~lten µnd· die Nase und die Ohren abschneiden wollten. 1 ·"Ich aber bat", so gesteht er, "sie sollten mir nur die Nasen stehen las- sen, die Ohren will i ch gerne hergeben. Er (der Leib- schütze des Bauernhauptmannes Neumüller) aber ~og sein Messer aus, we tzet solches, nahm mich bei dem Arm urid wollte mir gleich die Ohren abschneiden". Es kam aber nicht dazu, doch mußte Zetl in den Arresi. · Am nächsten Tag erw ~rkten der Stadtrichter Hans)hm- melberger und Abraham Schröffl seil~e Entlassung. . ,,1\ - Der Chronist berichtet nicht nur ausfüh[ fich über die Bauern-Invasion, sondern auch über Ratswahlen, Einquartierungen, Pe st, Hungersnot, Inflation, über das Eisenwesen, kirchliche Angelegenheiten, Gespen- ster und Zauberer. Die Hauptereignisse des Dreißig- jährigen Krieges (z. B. Eroberung Magdeburgs. Schlacht bei Lützen, Wallensteins Ermordung) werden weitläu- fig dargestellt. Im Jahre 1635 beendete der Färbermeister die "Steyrische Chronik", von der in der Folgezeit mehre- re Abschriften angefertigt wurden. Im 18. Jahrhundert war es der Welser Arzt Dr.Philipp Dillmetz (Tillmetz), ein Sohn des Steyrer Apoth~kers Maximilian Matthäus Dillmetz (1718 - 1746), der Zetls Aufzeichnungen "zu- sammgeschrieben" und Vielleicht geringfügig ergänz- te. Die Bedeutung dieses Werkes für die Geschichte Oberösterreichs wurde bereits im vergangenen Jahrhun- dert von namhaften Historikern (Kurz, F. X. Pritz, Kaltenbäck, Edlbacher) erkannt. Nach Univ . Profes-

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