Amtsblatt der Stadt Steyr 1963/4
14 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1963 Sämtliche Fischereigeräte Alfred Schmidt Fußbodenbeläge Plastikartikel und Ausrüstungen für Sportfischer Fußböden und Baustoffe BAHNHOFSTRASSE 14, TEL. 20 77 STEYR, REITHOFFERFABRIK Telefon 22 89 Verkauf und Verlegung BAHNHOFSTRASSE 14, TEL, 20 77 NEUTOR, SÜDPORTAL (Photo Dr. J. Ofner) 147 8 von Kaiser Friedrich III. (1440 - 1493) angeordne- te Ausbau der unzulänglichen Befestigungsanlagen führte u. a. auch zur Errichtung einer stärkeren Stadtmauer an der Enns und am Südende der Stadt zur Aufführung einer Bastei, die nach dem Bau der oberen Ennsbrücke im Jahre 1524 zu einem Tor umgestaltet werden mußte. Schon damals wurde dieser Durchgang als "Neutor" be- zeichnet. Nicht ganz fünfzig Jahre später, im Juli 1572, wurde Steyr bekanntlich von einer überaus schweren Hochwasserkatastrophe heimgesucht, Diese Über- schwemmung, die größte in der tausendjährigen Ge- schichte der Stadt, zerstörte Brücken, Mühlen und vie- le Gebäude entlang der Enns. Es herrschte, wie der Chronist berichtet, "ein solch Jammer und Not, so nicht genugsam zu beschreiben". Für den Wiederauf- bau der eingestürzten Häuser und Wehranlagen holte sich die Stadtobrigkeit Ratschläge bei den kaiserlichen Baumeistern Bernhard Camacla und Merth Hager aus Wien. Das Tor an der oberen Ennsbrücke, das die Flu- ten der hochgehenden Enns ebenfalls zum Einsturz ge- bracht hatten, wurde unter Leitung des Baumeisters Ja- kob Späz Marron durch ein massives Doppeltor ersetzt 1 68 \md 1576 fertiggestellt. Das ennsseitige, mit Wappen geschmückte Ostportal zeigt noch heute nachstehende, wahrscheinlich vom Rektor der Lateinschule Georg Mauritius verfaßte Inschrift, die das Hochwasserge- schehen des Jahres 1572 in Erinnerung bringt. llaeC LoCaVls anesl eX pLVVla DeleCerat Vrbls bls qVarta Vt IVLII LVX!t In orbe Dies. InstaVrata taMen Cernls nVnC aVsp!Ce Chrlsto; pro pLebe ergo pla faC pla Vota feras. (Die Gewalt der Enns hatte diesen Platz der Stadt des Regens wegen weggerissen, als der achte Tag ( zweimal der vierte Tag) des Juli auf der Erde leuchtete. Jedoch siehst Du es jetzt wieder hergestellt mit der Hilfe Chri- sti; tue also für das Volk fromme (Taten), bringe from - me Gelübde dar). Die Torinschrift enthält zwei Jahreszahlen, die sich durch Addition der in roter Farbe dargestellten la- teinischen Zahlenbuchstagen ergeben (Chronogramm). Im ~rsten Satz findet sich das Jahr der Überschwemmung (1572 = DD, CCC, LLLL, VVVVVVVV, XX, IIIIIIIIIIII), im zweiten steckt das Jahr der Vollendung des Torbaues (1576 = M, CCCCC, L, VVVV, IIIIII). ImJahre1577 wurde im Neutor,das wie das Enns-, Steyr- und St. Gilgentor zu den vier Haupttoren der Stadt zählte, eine deutsche Schule eingerichtet. Das alte Schu lhaus "am Berg" (Berggasse Nr. 46) war 1576 schon so baufällig, daß man es pölzen mußte, weshalb in der Ratssitzung vom 29. März 1577 der Beschluß ge- faßt wurde, die Bergschule in das Obergeschoß des Neu- to,gebäudes zu verlegen. Die Übersiedlung wurde im Sommer durchgeführt. Der Torhüter hatte dafür zu sor- gen, daß die Schüler nicht auf der Ennsbrücke verweil- ten. Zur Verhütung von Unfällen erhielt das Brückenge- länder einen Lattenverschlag bis zum ersten Jöcli_hinaus. Der Schulmeister mußte die Kinder beim Verlassen des Schulhauses überwachen. An der Neutorschule, die über zweihundert Jahre bestand, wirkte als erster Schulmeister der 1567 aus Freiberg in Meissen zugezogene Schul- und Rechenmei- ster Kaspar Thierfelder, Er verfaßte 157 0 ein Lehrbuch der Arithmetik, das 1587 bei Leonhard Heußler in Nürn- berg verlegt wurde. Kaspar Thierfelder war der bedeu- tendste deutsche Schulmeister der Eisenstadt in der Re- formationszeit. Nach seinem Tode im Jahre 1594 folg- ten ihm im Schuldienst am Neutor seine Söhne Daniel und Basili us. · Im 17. Jahrhundert wurde auch der Dachboden des Torgebäudes vorübergehend in Benützung genom- men. Die im Jahre 1625 gegründete Innerberger- Hauptgewerkschaft mietete ihn von der Stadtgemeinde in der Zeit vom 1. September 1654 bis zum 30. April 1669 zur Einlagerung von Getreide. Aber noch später, im Jahre 1693, richtete die Hauptgewerkschaft im Neutor, "über der Schull", provisorisch einen "Traid- kasten" ein. Am 1. November 1850 überließ die Stadt Steyr das Neutor gegen einen jährlichen Mietzins von 300
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