Amtsblatt der Stadt Steyr 1963/2
10 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1963 WASSERTUR!vl UND ENNSTOR UM 1650 (Nach Mcrian) eiert Rheinis hcn Guld n erhielt . Im folgenden Jahre wurde das Wasserwerk in Betrieb genommen . Wahr- scheinlicl1 z igt es in den ersten Jahren mancherlei Mängc l, da sich der Stadtrat 1579 beim Uhrmacher Leonliarcl Marckhar t, der ebenfalls aus Augsburg kam, erlumcl igte, "ob er auch das Prunwerkh übernehmen könne ". In der Folgezeit dürfte aber doch die neue Anla- g gut funktioniert haben, denn sie wurde allgemein als technisches Kunstwerk angesehen. Sogar der Kai- ser (Rudolf II. 1576 - 1612) interessierte sich dafür. Am 26 . September 1586 richtete die kaiserliche Hof- kammer in Wien folgendes Schreiben an Bürgermeister, Rich ter und Rat der Stadt Steyr: ' 'Nach dem wir ver- nomen, das Jr ain Wassertrucl<hwerch mit dreyen Stiffen vnd ainem Khupffern Raclt durch ainen werckhmaister von Augspurg machen habt laßen, derhalb so ist in Na- men der Ka ys. Mai. vnser begern an euch, Jr wellet von sollchem Kunstwerch nit allain ainen ordentlichen Abriß sonnder auch ein Model, so mit der Außtailung auf den werch schuech gerichtet sein soll, machen las- sen, vnnd vn'ns mit dem eheisten so immer müglich alhero schickhen, daneben auch berichten, wie dickh im Ror das \,\lasser darmit gebebt werde, 1vie hoch es das Wasser treib, 1vie hoch auch das Radt, vnd in waß größ das Wasser sey, so darauf laufft, was es auch alles mit ain Andern gecostet habe, vnd was Jr dem Ma ister füer se in bemüchung geben habt, ob Jr es auch füer :ün beständiges Wcrckh befindet vnd hallttet. Was dann wllches Model wellches Jr vnns mit eiern eheisten 50 28 sein khan schickhen sollen, costen wierdet, d(a)s soll euch erstattet werden. Daran vollziecht Jr der Kays. Maj. gnedigen willen vnd mainung. Geben zu Wienn den Sechs und Zwainzigisten Tag Septembris .Anno Im Sechs und Achtzigisten. N. d. Röm. Kays. Maj. ge---, ordnete Hofkamer Räthe in Wienn ". Da auch Daniel Melzer, de r Hofkanzleischreiber des Erzherzogs Matthias, die eheste Vorlage der geforderten Beschrei- bung verlangte, wurde dieselbe schon am 8. Oktober abgesandt. Steyr berichtete u. a., daß beim Wasser- druckwerk kein kupfernes, sondern ein hölzernes, 14 Werkschuh (etwa 4 bis 5 m) hohes Wasserrad verwen- det und das Wasser 93 Schuh (ungefähr 29 bis 30 m) hoch in den Turm "gedruckt" werde. Einer noch vor- handenen Papierschablone ist zu enmehmen, daß der äußere Durchmesser der verwendeten Bleirohre 11 cm, der innere 7, 5 cm betrug. Ob Plan und Modell nach- gereicht wurden, ist aus den Archivalien nicht festzu- stellen. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden am Turm kleinere und größere Reparaturen vorgenommen. So mußte 1690 die Uhr repariert werden, 1718 fertigte der damals weitum bekannte Hammerschmiedmeister Lo- renz Salcher um 169 Gulden 28 Kreuzer einen neuen Wasserbehälter an. Durch den gewaltigen Stadtbrand des Jahres 1727 wurde auch der Wasserturm stark in Mit- leidenschaft gezogen, so daß größere Instandsetzungsar- beiten durchzuführen waren. Eine neue Uhr lieferte 1728 der bürgerliche Groß- Uhrmacher Hans Georg Peiß- kamrner, sie kostete 80 Gulden . Grundl ·gendc Änderungen am Wasserwerk brach- ten di · vergangenen 140 Jahre . Im Jahre 1824 beschä- digte neuerdings eine Brandka tas trophe den Wasserturm. Ers t drciJahre später wurde das ruinhafte Bauwerk wie- der h rgcstcllt. Die neue Pumpe mit einer Windkugel, konstruiert vom Glockengießer Dominik Staffelmayr, die von 1830 bis 1835 in Verwendung stand, bewährte sich nicht, so daß abermals eine neue Pumpanlage und ein Wasserrad eingebaut werden mußten. Dreißig Jahre später, am 11. Juni 1865 zerstörte das Hochwasser den Wehrbau oberhalb der Steyr- Brücke, wodurch das "Was- serkunstwerk" durch längere Zeit außer Betrieb gesetzt wurde. Wie der Stadtchronist Stephan Josef Willner be- richtet, kaufte 1873 Ludwig Werndl zur Errichtung einer Messerfabrik das zwischen den Brücken ge legene Müller- haus Nr. 2 und 1874 die angrenzenden "städtischen Was- serkunst-Realitäten "Nr. 3. Am 5.Juli des nächsten Jahres richtete er an die Stadtgemeinde das Ersuchen, ihm auch den Wasserturm für die neue '1ndustrie-Unterneh- mung" zu Uberlassen. Diese Besitzveränderuug gab uiclJt nur den Anstoß zur Erneuerung des "Wasserkunst-, Flu- der- und Radwerkes", sondern auch zumBaueinerWas- serleitung im inneren Stadtgebiet, die aber, da das Was- ser der Steyr entnornme r! wurde, nur Nutzwasser lieferte. Trinkwasser konnte erst im Jahre 1897 zugeleitet wer- den. ImHerbst desJahres 1909 wollte man den Wasser- turm zur Gänze demolieren. Die Fundamente hatten nachgegeben. Di~ vertikale Abweichung der Turmspitze betrug in diesem Jahre bereits 32 cm. Der Turm drohte einzustürzen. Doch die k. u. k. Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale in Wien war mit der Abtragung des Turmes nicht einverstanden. Am 21. Sep- tember ersuchte sie in einem Telegramm, den Abbruch nicht durchzuführen. Sie richtete im Oktober ein Schrei-
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