Amtsblatt der Stadt Steyr 1963/1

1963 AMTSBLATT DER STADT STEYR 3 Aus der Sprechstunde des Standesbeamten ·:· . WISSENSWERTES ÜBER DIE ÖSTERREICI-IlSCHE STAATSBÜRGERSCHAFT D er Anknüpfungspunkt bei der Beurteilung von Rechtsfragen im Personenrecht, z. B. bei. der Prü- fung der rechtlichen Ehefähigkeit der Verlobten, ist in der Regel die Staatsbürgerschaft der Beteiligten, Nachstehend werden daher die wichtigsten Bestimmun- gen des österreichischen Staatsbürgerschaftsrechtes er- läutert. Zunächst ein kurzer HISTORISCHER RÜCKBLICK: Bereits die allerhöchste Resolution vom 16.11.1754 enthielt Bestimmungen über die Zugehörigkeit einer Person zu einem bestimmten Territorium. Eigentliche Bestimmungen über das Heimatrecht brachte das prov. Gemeindegesetz vom Jahre 1 84 9. Durch dieses Gesetz wurden die Gemeinden auch verpflichtet, Ver- zeichnisse der Gemeindemitglieder, sogenannte Hei- matrollen, zu führen. Ein österreichisches Staats b ü r - gerschaftsrecht gibtesseitdemJahre 1867.Nach . dem in diesem Jahre erlassenen Staatsgrw1dgesetz be- stand für alle Angehörigen der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder ein allgemeines österreichisches Staatsbürgerschaftsrecht, das eng mit dem Heimatrecht verknüpft war, Neben dem Heimatrecht hatte jeder Österreicher bis zum Jahre 1938 die Landes- und die Bundesbürgerschaft. Die österreichischen Heimatrollen wurden am 30, 6, 1939 abgeschlossen w1d alle damals österreichischen Bundesbürger erlangten die deutsche Staatsangehörigkeit, Durch das Staatsbürgerschafts- · Überleitungs-Gesetz vom Jahre 1945 wurden alle Per- sonen, die am 13. 3, 1938 die Bundesbürgerschaft besessen hatten, von bestimmten Ausnahmen abge- sehen, wieder österreichische Staatsbürger, Das alte österreichische Heimatrecht lebte nicht wieder auf. DAS GELTEN DE STAATSBÜRGERSCHAFTSGESETZ ERWERBSGRÜNDE Das derzeit geltende Staatsbürgerschaftsgesetz stammt aus dem Jahre 1949. So wie die alten österrei- chischen Staatsbürgerschaftsgesetze wird auch das jetzt geltende vom sogenannten Abstammungsprinzip (jus sanguinis) beherrscht. Nach diesem Prinzip erwirbt das eheliche Kind eines Österreichers, ganz gleich, ob es im Inland oder im Ausland geboren ist, die Staatsbür- gerschaft nach dem Vater, das uneheliche Kind erwirbt sie nach der Mutter. Ist der Vate.r eines ehelichen Kin- des staatenlos, die Mutter aber österreichische Staatsbürgerin, so erwirbt das Kind die öster- reichische Staatsbürgerschaft nach der Mutter. Wei- tere Erwerbsgründe sind die Legitimation eines unehe- lichen Kindes durch die Eheschließung seiner Mutter mit seinem österreichischen Vater und die Eheschließung einer Ausländerin mit einem Österreicher. Schließlich kann Ausländern unter bestimmten Voraussetzungen die Staatsbürgerschaft auf Ansuchen verliehen werden. Wir unterscheiden nach der Dauer des Aufenthaltes der Bewerber in Österreich 3 Gruppen: 1) Personen, die wenigstens vier Jahre (aber noch nicht 10 Jahre) ihren ordentlichen Wohnsitz in Österreich haben. Ihnen kann die österreichische Staatsbürger- schaft bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen verliehen werden, wenn Bundeskanzleramt und Bun- desministerium für Inneres bestätigen, daß gegen· die Einbürgerung kein Anstand obwaltet. Personen, die ihren ordentlichen Wohnsitz in Österreich erst vor weniger als 4 Jahren begründet haben, kann die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn die Bun- desregierung die Verleihw1g als im Interesse des Bundes gelegen bezeichnet, 2) Personen, die ihren ordentlichen Wohnsitz seit 10 Jahren in Österreich haben. An sie kann die ' Staats- bürgerschaft bei Vcrliegen der sonstigen Vorausset- zungen verliehen werden. 3) Personen, die seit wenigstens 30 Jahren ihren or- dentlichen Wohnsitz in Österreich haben, Ihnen muß die Staatsbürgerschaft bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen verliehen werden. Den unter Zl, 1 - 3 bezeichneten Person(,n darf die Staatsbürgerschaft nur verliehen werden, wenn sie keine Verurteilung erlitten haben, die den Ausschluß vom Wahlrecht zur Folge gehabt hätte (bereits getilgte Verurteilungen zählen nicht l) und wenn durch die Ver- leihung keine Nachteile für die Republik zu befürchten sind. Der Bewerber muß ferner nach den Gesetzen sei- nes bisherigen Heimatstaates eigenberechtigt sein (bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters Verleihung auch an nicht Eigenberechtigte möglich!) und außer- dem nachweisen, daß er bei Verleihung der österrei- chischen Staatsbürgerschaft aus seiner bisherigen Staats- angehörigkeit ausscheidet, Kann der Bewerber nach den Gesetzen des bisherigen Heimatstaates bei Verleihung einer fremden Staatsbürgerschaft die frühere beibehal- ten, so ist- der zuletzt angeführte Nachweis nicht erfor- derlich. Anträge auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft können im Rathaus, Zimmer 20, ein- gebracht werden. VERLUSTGRÜN DE Die Staatsbürgerschaft wird durch Verehelichung oder Ausbürgerung verloren. Eine Österreicherin, die einen Ausländer heiratet, verliert die Staatsbürgerschaft allerdings nur dann, wenn sie durch die Eheschließung efoe andere Staatsbürger- schafterwirbt. Sonst behält sie die österreichische Staats- bürgerschaft. Aber auch in jenen verhältnismäßig weni- gen Fällen, in denen sie automatisch durch die Ehe:- schließung die fremde Staatsbürgerschaft erwirbt, kann sie vor der Eheschließung um die Beibehaltung der öster- reichischen Staatsbürgerschaft ansuchen. Das Ansuchen wird bewilligt, wenn triftige Gründe vorliegen. Durch Ausbürgerung verliert die österreichische Staatsbürgerschaft, wer freiwillig in den öffentlichen oder den Militärdienst eines fremden Staates eintritt, ferner wer eine fremde Staatsbürgerschaft erwirbt, 3

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