Amtsblatt der Stadt Steyr 1962/8

1962 AMTSBLATT DER STADT STEYR 3 WAS IST ZIVILSCHUTZ ? S eit einiger Zeit wird in der Presse und in Vorträ- gen das Problem des Zivilschutzes erörtert. Unter diesem Begriff sind alle jene Maßnahmen zu ver- stehen, die zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung sowie aller lebenswichtiger und kultureller Güter im Falle eines staatlichen Notstandes, beispiels- weise durch einen Angriff mit Atomwaffen hervorgeru- fen, zu ergreifen sind. Die zunehmende Totalisierung der Kriegsführung und die immer größer werdende Flä- chenwirkung der modernen Kampfmittel macht es not- wendig, auch und insbesondere rechtzeitig Vorkehrun- gen zum Schutz der Zivilbevölkerung zu treffen. Der Zivilschutzgedanke wird nur dann sinnvoll, wenn in Anlehnung an die Meinung der militärischen Fachleute eine weltweite Auseinandersetzung mit dem Einsatz al- ler verfügbaren Atombomben nicht angenommen wird, sondern vielmehr die Planung des Zivilschutzes von dem Fall eines sowohl hinsichtlich des Territoriums als auch des Waffeneinsatzes "begrenzten" Krieges ausgeht. Der österreichische Zivilschutz ist gegenwärtig zwar rechtlich noch nicht geregelt, doch liegen für die weitere Entwicklung richtungsweisende Beschlüsse des Ministerrates vom 21. 1. 1958 und der Zivilschutz- enquete vom 7. 12. 1961 vor. Darnach erfolgte bereits die Einsetzung eines zentralen Planungsstabes und wurde konkreten Maßnahmen gegenüber der noch ausständigen rechtlichen Neuordnung der Vorrang eingeräumt. In er- ster Linie ist die Herausgabe einer Aufklärungsschrift und die Schulung der leitenden Zivilschutzbeamten und füh- renden Zivilschutzfunktionäre vorgesehen, die ihre Kenntnisse und Erfahrungen an die Bevölkerung weiter- zugeben haben. Voraussichtlich wird beim Zivilschutz die größte Bedeutung dem Selbstschutz zukommen. Dem- zufolge ist eine weitestgehende Dezentralisierung erfor- derlich, da im Gefahrenfall weite Gebiete isoliert und die Nachrichtenverbindungen zerstört sein können. In diesem Zusammenhang scheint es überdies zweckmäßig, als Mitarbeiter primär Freiwillige heranzuziehen und diesen Personenkreis allenfalls durch für den Zivilschutz freigestellte Wehrpflichtige zu ergänzen. Auch in Österreich beschäftigen sich schon längere Zeit Techniker der verschiedensten Fachrichtungen da- mit, Verfahren auszuarbeiten, welche die lebensbedro- henden Auswirlmngcn der Anwendung von Atomwaffen beseitigen oder doch zumindest verringern. Forschungen auf diesem Gebiet haben gezeigt, daß insbesondere bau- liche Maßnahmen geeignet sind, Schäden hintanzuhalten. Es ist deshalb vorgesehen, im Zuge der angestrebten Ver- einheitlichung der Bauordnungen über die Anordnung von strahlensicheren Schutzbauten zwingende Vorschriften aufzunehmen. Hauptsächlich ist an die Adaptierung be- reits vorhandener Kellerräume gedacht. Da die Schutz- bauten vor verschiedensten Gefahren, wie Rückstands- strahlung, Wirkung herkömmlicher Sprengkörper, Ein- sturz- und Trümmerwirkung von Gebäuden, Brandwaf- fen und Brandeinwirkung kürzerer Dauer, biologischen und chemischen Kampfmitteln, schützen sollen, sind dementsprechend die Kellerdecken trümmersicher aus- zubilden, die Zugangswege zu den Schutzräumen be - sonders zu sichern und dergleichen. Es ist hier nicht der Platz, auf weitere Defensiv- maßnahmen näher einzugehen. Österreich ist aber in der günstigen Lage, bei Entwicklung der verschieden- sten Gefahrenabwehrmaßnahmen in kostensparender Weise auf den Erfahrungen anderer europäischer Län- der, wie insbesondere Schwedens und der Schweiz, aufzubauen. Die Auseinandersetzung mit dem Zivilschutz ist nicht eine Mode unserer Zeit, sondern eine zwin- gende Folge der labilen Weltsicherheit. Gerade Öster- reich hat Ursache, einem gut organisierten Zivilschutz positive Bedeutung zuzuerkennen, weil wir uns glück- licherweise strategisch und wirtschaftlich für nicht so bedeutsam halten dürfen, um direktes Ziel von Atom- angriffen zu sein. Im Bereich das radioaktiven Nieder- schlags jedoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten,das Leben und alle anderen Werte ausreichend zu schützen. Deshalb stehen die Gebietskörperschaften dem Zivil- schutzgedanken durchwegs bejahend gegenüber und auch die Stadtgemeinde Steyr versucht auf diesem Gebiet auf dem Laufenden zu bleiben; sie hat bereits für die geeignete Schulung einiger Bediensteter vorge- sorgt. BEDEUTENDE STEYRER Franz Lang F ranz Lang, ehemaliger Bürgermeister und Ehren- bürger der Stadt Steyr, wurde am 16. Mai 1849 in Steyr geboren. Er besaß in Steyr ein Bürsten- bindergeschäft in der Bismarkstraße (heute Bahnhof- straße). Durch 23Jahre, von 1888 bis 1911, gehörte Lang der Stadtverwaltung an. Er war als Gemeinderat in der Bausektion tätig, später wurde er zum Vizebürger- meister und Obmann der angeführten Sektion gewählt. Nach dem Rücktritt des Bürgermeisters Viktor Stiglcr wurde Franz Lang am 6. Oktober 1907 zum Bürger- meister der Stadt Steyr gewählt und bekleidete diese Funktion bis zum Frühjahr 1911. Lang gehörte der deutschen Fortschrittspartei an. Ganz setzte er sich für die Förderung des Baues des Krankenhauses in der Sierninger Straße ein; während seiner Amtsperiode wuchs der Spitalbaufond auf 450 000 Kronen an. An- läßlich seines Ausscheidens aus der Gemeindevertre- tung wurde ihm durch Gemeinderatsbeschluß vom 28. April 1911 die Ehrenbürgerwürde verliehen. Das Eh- renbürgerverzeichnis berichtet über die Veranlassung der Verleihung folgendes: "Arbeitseifrige, langjähri- ge Tätigkeit im Gemeinderate der Stadt Steyr, als Gemeinderat, Sektionsobmann, Vize - Bürgermeister und Bürgermeister. Eifriger Förderer des Spitalbaues, vieljähriger verdienstvoller Oberkommandant 'der 135

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