Amtsblatt der Stadt Steyr 1962/5

1962 AMTSBLATT DER STADT STEYR -3 tung einer Stadtbibliothek, Kohlenhilfsaktion 1961/62 - 2. Teil und schließlich Erhöhung des Stammkapitals der GasversorgungsgesmbH um S 2 000 000, --. Der Gemeinderat faßte außerdem zwei Beschlüs- se, die im Zuge des Rechnungsabschlusses 1961 erfor- derlich waren. Sie hatten die nachträgliche Genehmi- gung von Überschreitungen von veranschlagten Ausga- benkrediten und die Deckung des außerordentlichen Haushaltes zum Gegenstande. Weiters wurde ein An- trag, nach dem die Lustbarkeitsabgabe für Kinounter- nehmungen herabgesetzt und ein Gemeinderatsbeschluß vom Jahre 1960 über die Steuerfreiheit für den Investi- tionsgroschen aufgehoben werden soll, angenommen. Der Verkauf einer städtischen Grundparzelle im Ausmaße von 1 600 m2 in der Resselstraße an die Ge- meinnützige Wohnungsgesellschaft der Stadt Steyr zur Errichtung von 24 Wohnungen wurde bewilligt. Der Gemeinderat genehmigte ferner nach Durch- {ührung des in der Bauordnung für die Stadt Steyr vor- gesehenen Verfahrens die Teilbebauungspläne Ennsleite I und Hausleiten I und erteilte einer Treibstoffirma eine Ausnahmegenehmigung zur Errichtung einer Tankstelle in der Hara tzmüllerstraße ungefähr gegenüber dem Hau- se Nr. 118; ein Siedler erhielt ebenfalls eine solche Be- willigung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses in der Grundbergsiedlung. Es erfolgte noch eine zustimmende Entscheidung in einem Ansuchen um Bewilligung der Unterschreitung des Mindestflächenausmaßes eines Bauplatzes am Tabor. Zuletzt billigte der Gemeinderat die Übernahme einer Reihe schon öffentlich benützterVerkehrsflächen in das öffentliche Gut; von diesem Beschluß wurden 42 Grund- parzellen im Stadtgebiet berührt. Zur Geschichte·des Gaswerkes und der Straßenbeleuchtung in Steyr 1 m Jahre 1863, also vor nahezu hundert Jahren, fanden über die Erbauung des Gaswerkes Steyr, dessen Produktionsverfahren in letzter Zeit völlig modernisiert wurde, die ersten Verhandlungen statt. Den Anstoß für die Errichtung eines solchen Wer- kes gab die überaus mangelhafte Straßenbeleuchtung. Bis in die Achtzigerjahre des 17. Jahrhunderts hatte jeder Stadtbewohner, der in der Nacht durch die Stra- ßen ging, eine Laterne mitzutragen. Im Jahre 1687 wurde vom Kaiser die Beleuchtung der wichtigsten Straßen und Plätze in der inneren Stadt und in Steyr- dorf angeordnet. Etwa fünfzig Jahre später (1736) ließ die Stadtverwaltung in Ennsdorf sechs Laternen, die der Stadtrichter im Auftrage des Rates in Wien gekauft hat- te, an Gebäuden anbringen. Die Füllung der Laternen mit lnschlitt besorgten Stadtdiener, das Anzünden ob- lag den Hausbesitzern. Laut Ra tsbeschluß vom 22. De- zember 1767 mußten die Straßenlaternen im Winter fünf bis sechs Stunden brennen. In mondhellen Som- mernächten unterblieb die Beleuchtung. Die Waffenindustrie Josef Werndls fünrte in den Sechzigerjahren immer mehr Arbeitskräfte in die Eisenstadt. Der Verkehr auf den Straßen wurde dadurch auch in den Abendstunden lebhafter. Da sich die 140 lichtschwachen Öllampen, die die Inschlittlatemen ab- gelöst hatten, als unzulänglich erwiesen, entschloß sich die Stadtgemtindevorstehung zur Einführung der Gasbeleuchtung. Die in dieser Hinsicht im Oktober 1863 mit einer englischen Gesellschaft in Wien geführten Verhandlungen blieben ergebnislos. Die Stadtobrigkeit trat nun mit dem Augsburger Unternehmen Ludwig August Riedinger in Verbindung. Am 27. August 1864 verpflichtete sich die Firma zur Errichtung des Gaswerkes, zur Legung der Gasleitung und zur Installation von 130 öffentlichen Gaslaternen, zwanzig davon auf freiragenden Kandelabern. Die Stadtgemeinde erklärte sich bereit, größere Bauarbei- ten, z. B. Felssprengungen, zu übernehmen und für dtn Bau der Anlagen ein Grundstück im Ausmaß von einem Joch an Ricdinger unentgeltlich abzutreten. Der Gaslieferungsvertrag wurde auf die Dauer von dreißig Jah rcn abgeschlossen. Man rechnete, mit Ende des Jahres 1865 die Be- leuchtungsanlagen in Benieb nehmen zu können. Al- lein die Platzfrage bereitete erhebliche Schwierigkei- ten und verzögerte den Bau der "Gasfabrik". Von den im Oktober 1864 besichtigten Baugründen erschien der Kohlanger an der Steyr, der früher zum Kohlenbrennen diente, am geeignetsten. Er gehörte der Stadtkommu- ne, war aber an die Kohlkommunität, der Eisen- und Stahlwarenerzeuger angehörten, verpachtet. Da der Pachtvertrag schon mit 1. August 1865 ablief und das Grundstück damals nur zum Kartoffelanbau benützt wurde, beschloß der Gemeinderat am 6. November, einen Teil des Kohlangers zum Gaswerkbau zu verwen- den. Obwohl man geneigt war, der Kohlkommunität den restlichen Platz für Holzlagerungen weiterhin zu überlassen, protestierte sie gegen den gemeinderätli- chen Beschluß und wandte sich an den Landesausschuß. Durch diese Maßnahme konnte vorderhand das Werk nicht in Angriff genommen werden. Im Februar 1865 entschloß sich daher die Stadtverwaltung zur Einfüh- rung der Petroleumbeleuchtung. Die von der Kohlkommunität eingebrachten Be- schwerden blieben ohne Erfolg. Am 1. März 1866 konn- ten endlich Baumeister Anton Pichler und Ingenieur Hilbe aus Augsburg mit dem Bau des Gaswerkes begin- nen. Durch die Kriegsereignisse dieses Jahres mußten allerdings die Arbeiten eine Zeitlang eingestellt wer- den. Im Frühjahr und Sommer de :· Jahres 1867 wurden die Gasleitung gelegt, Kandelaber autgerichtet und In- stallationsarbeiten in Privathäusern durchgeführt. Am 21. und 22. August konnte die Probebeleuchtung vor- genommen werden. Zwei Tage später, am 24. August, fand die "Beleuchtungseröffnung" statt. Aus diesem Anlaß war auch der Inhaber des Gaswerkes Ludwig August Ricdinger in Begleitung seiner Söhne nach Steyr gekom- men. Groß war die Freude der Bevölkerung, als zum ersten Male 135 Gasflammen die verkehrsreichsten Stadtteile erhellten. Eine Festtafel im Gasthof "Zum Schiff", an der fünfzig Personen teilnahmen, bildete den Abschluß der Feier. 79

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