Amtsblatt der Stadt Steyr 1959/10
Die Stellung der Kulturverwaltung im kulturellen Leben unserer Stadt B ei der vielseitigen Deutungs- und Auslegungsmög- lichkeit, die ein Thema wachruft, das den Be- griff • Kultur" zum Ausgangspunkt hat, scheint es notwendig, nicht um nUtzlichen und wertvollen Erörte- rungen aus dem Wege zu gehen, sondern um einen fe- sten Halt zu haben.für die wenigen Gesichtspunkte, die zu behandeln in diesem Rahmen allein möglich ist, eine Definition - eine von anderen möglichen - dessen zu geben, was wir unter kultureller Aufgabe - hier spe- zifisch auf eine Stadt bezogen - verstehen. Die Kulturarbeit einer Stadt hat die Aufgabe jene Maßnahmen zu treffen, die es dem Einwohner ermögli- chen, seine Persönlichkeit an Werten und Werken schöp- ferischer Art zu bilden und zu formen. Die Art und das Volumen dieser Förderung richten sich nach dem Volu- men und der geistigen und materiellen Potenz der Stadt. Der letzte Satz dieser Definition kann nicht nur, sondern muß auch im Sinne einer Beschränkung verstan- den werden. Beispiel: Eine mittelgroße Stadt könnte sich zwar allenfalls ein eigenes Theater leisten, aber nur unter Vernachlässigung anderer wesentlicher kultu- reller Aufgaben, weil die Ausgaben für das Theater das Kulturbudget der Stadt allein erschöpfen wurden. Das Kulturleben eines Marktes - um die aufgestellte These in. Extremen zu erhärten - der sich wahrscheinlich eine Blasmusikkapelle und etliche 10 Vorträge oder Veran- staltungen im Jahre leisten kann, wird anders sein als die kulturellen Aufgaben einer Landeshauptstadt, deren Verpflichtungen bereits weit verzweigt und vielfältig von der Erhaltung eines eigenen Theaters und Symphonie- orchesters bis zur Förderung junger Künstler reichen. Sie alle anzuführen, würde Seiten füllen. Hier soll nur der Beweis geführt werden, daß sich jede Stadt gemäß ihrer Eigenart auch ihr kulturelles Antlitz selbst gibt; dies vor allem durch die aktive Mitwirkung ihrer Ein:- wohner bei kulturellen Institutionen oder die vielfältige Teilnahme an Darbietungen kultureller Art. Denn, wenn auch eine Stadtverwaltung - und wir fassen hier unsere Stadt ins Auge - manche nicht zu umgehende Verpflich- tungen hat, es sind dies vor allem jene, die von priva- ter Hand nicht zu bewerkstelligen sind, sei es dafür zu sorgen, daß die Theatergemeinde befriedigt wird, sei es, daß eine Stadtbibliothek unterhalten wird (eine sol- che ist in Planung), sei es das Konzertwesen oder die Erwachsenenbildung (Volkshochschule) zu fördern oder sei es letzten Endes die Verpflichtung, in einem Hei- mathause oder im Archiv geschichtliche Dokumente der Stadt zu bewahren oder durch denkmalpflegerische Maßnahmen die Schönheit der Stadt zu bereichern, so sind dies alles Dinge, die zwar davon Zeugnis ablegen, daß sich die Stadtverwaltung ihrer Aufgaben auf diesem Sektor bewußt ist, die jedoch alle nur zu einem Teil das kulturelle Leben der Stadt formen. Man stelle sich vor, daß es in unserer Stadt keine Gesangs- und Chorvereinigungen, keinen Musikverein, keine Blasmusikkapelle, keinen Brucknerbund, keinen Kunstverein, keinen Verein Heimatpflege und schließ- lich auch keine Vereinigungen gäbe, die eine sinnvol- le Freizeitgestaltung (ein immer wichtiger werdendes Problem) fördern, seien es die Sprach- und Fotoklubs und viele andere, die alle anzuführen nicht möglich 1st. Unsere Stadt wäre arm. Denn den Boden, auf dem das kulturelle Leben einer Stadt gedeihen kann, bereiten jene, die durch ihr Können und durch ihre Persönlichkeit dazu beru- fen sind, andere um sich zu scharen, um mit ihnen, sei es als Musiker oder Chorsänger oder in anderen Spar- ten dilettantischer KunstUbung - Werken Großer nach- schaffend zu dienen. Und es bereiten ihn jene, die es sinnvoll finden, in ihrer Freizeit nicht banalen Ver- gnügungen nachzugeben, sondern sich an Werten zu messen und zu bereichern und es bereiten ihn jene, die nicht als Zufallsgäste sondern als wirkliche "Teil-Neh- mer" Resonanzboden für kulturelle Darbietungen sind. llier Uberall liegen weit verzweigt die Wurzeln, die er- möglichen, daß auch große und hohe Aufgaben und Pro- jekte in Angriff genommen werden können. Hier ist festgegrUndet der Damm der Persönlichkeitswerte, an dem sich Vermassung und Verflachung brechen. Die Stellung der Kulturverwaltung in einer $tadt unserer Größe wird daher eine andere sein als in einer Großstadt. Wird es dort vor allem Aufgabe der Kultur- verwaltung sein ,als Veranstaltungsdirektion Aufführun- gen einem zumeist anonymen Publikum zu vermitteln, so ist es in einer Stadt, die noch echte (kulturelle) Ge- meinschaften beherbergt, nicht nur Pflicht sondern vor- nehmste Aufgabe der Kulturverwaltung, diesen Gemein- schaften und Institutionen Helfer zu sein. Den kulturell tätigen Institutionen möglichst bürokratische und tech- nische Aibeit abzunehmen - nur der Eingeweihte weiß, wieviel Schranken hier aufgerichtet sind - ist ein wesent- licher Teil der Arbeit des Amtes. Das kulturell Wertvol- le auch finanziell zu fördern, ist eine von allen öffent- lichen Dienststellen anerkannte pflicht. Mit dieser Auffassung glauben wir als Diener an der Sache die richtige Verbindung zwischen privater Initiative und amtlicher Tätigkeit gefunden zu haben. JAPANISCHES MESSER IN SCHEIDE (ELFENBEINARBEIT) PETERMANDL 'SCHE MESSERSAMMLUNG - Heimathaus Steyr
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