Amtsblatt der Stadt Steyr 1959/8a

DAS HOCHWASSER AM 13. AUGUST 1959 IN STEYR 1 aum 3 Wochen nach dem letzten Hochwasser am 21. 7. 1959 mußte am 13. 8. 1959 um 3, 40 Uhr Großalarm wegen neuerlicher Katastrophengefahr gegeben werden. Die starken Regenfälle -zu dieser Zeit verursachten ein überaus rasches Ansteigen der Steyr und Enns. · Die höchsten Pegelstände wurden gegen 9, 30 Uhr beim Ennspegel mit 5, 43 m und bei der Steyr in Ber- gern mit 4, 58 m gemessen. Der Ennsfluß erreichte diesmal nicht den Höchststand des letzten Hochwassers mit 6, 20 m; dagegen führte die Steyr Katastrophen- hochwasser, welches als größtes seit dem Jahre 1899 bezeichnet werden muß. Der ungleiche Wasserstand der beiden Flüsse begünstigte die Abflußgeschwindig- keit der Steyr, die schäumend und tosend mit hohem Wellengang sich in Zwischenbrücken mit der Enns ver- einigte. Die Hauptlast der Schutz- und Hilfsmaßnahmen wurde von der Freiwilligen Stadtfeuerwehr als Kata- strophenhilfsdienst der Stadtgemeinde Steyr getragen. 111 Feuerwehrmänner standen im selbstlosen Einsatz und haben, ohne ihre Gesundheit und Sicherheit zu schonen, 1279 Arbeitsstunden geleistet.Darüber hin - aus waren auch der städtische Wirtschaftshof und das Bundespolizeikommissariat Steyr mit der Abwehr von Gefahren und mit Hilfsaktionen befaßt. Einer Schilderung der Katastrophe wird am ehe- sten eine kurze chronologische Darstellung gerecht: Bereits in den Nachtstunden des 12. August 1959 machten die ständig steigenden Wassermassen von Enns und Steyr die erstenSicherungsmaßnahmen an Häusern und Liegenschaften notwendig. Am 13. August 1959 um 0, 30 Uhr mußte wegen einer Verklausung die Pio- nierbrücke über das Mitterwasser der Steyr _fur jeden Verkehr gesperrt werden. Die Bergungs- und Sicherungs - arbeiten nahmen im verstärkten Maß ihren Fort- gang. Da von den flußaufwärtsliegenden Meldestellen immer bedrohlichere Wasserstände gemeldet wurden, er- gab sich die Notwendigkeit, um 3 , 40 Uhr mit den zur Verfügung stehenden Sirenen Großalarm zu geben. Nunmehr setzten mit allem Nachdruck die Hilfsmaß- nahmen ein. In wirklich vorbildlicher Nachbarhilfe unterstütz- ten sich gegenseitig die Bewohner der bedrohten Häu- ser. Von dta Feuerwehr wurden kranke und gebrechli- che Personen, Haustiere und Einrichtungsgegenstände in Sicherheit gebracht, Kraftfahrzeuge geborgen, Ge- schäftsräume und '1agazine geräumt und Verpflegungs- fahrten zu eingeschlossenen Häusern unternommen. Auch die öffentlichenEinrichtungen wurden nachMög- lichkeit geschützt. So versuchte die Freiwillige Stadt- feuerwehr, den Gsangsteg durch teilweise Entfernung der Konstruktionsverschalung zu retten. Teile einer in Grünburg weggeschwemmten Holzbrücke rissen jedoch um 9, 45 Uhr auch den Gsangsteg mit dem darauf ver- legten Gasrohr und Telefonleitungskabel fort. Dadurch wurde die Nachrichtenverbindung zwischen einzelnen Stadtteilen und mit auswärts unterbrochen. Im Gaswerk, das ebenfalls überschwemmt wurde, mußten.in den Vormittagsstunden die Kammeröfen au- Ser Betrie·b genommen und die Gasversorgung vorüber- gehend eingestellt werden. Die Schieber zur Absper- rung der beschädigten Leitungen konnten nur mit Hilfe von Zillen betätigt werden. Auch erwies es sich für notwendig, die Stromversorgung von Eysnfeld und Kohl- anger vorübergehend abzuschalten. Ober dieie Maß- nahmen wurde die B_evölkerung durch Rundfunk und Lautsprecher zeitgerecht informiert. Die verschiedenen· im Überschwemmungsbereich liegenden kleineren Brücken wurden laufend kontrol- liert und vom Schwemmholz freigehalten, um Ver- klausungen zu vermeiden; Es konnte jedoch.nicht ver- hindert werden, daß die Elba-Brücke, die Äußere Rei.- ter-Brücke und der Steg des Steinbruchweges über den Wehrkanal so stark beschädigt wurden, daß eine Wie- derherstellung nicht möglich sein wird. Durch den Druck und die Überflutung der Wassermassen wurde auch die Pionierbrücke in der Schwimmschulstraße um 20 cm flußabwärts verschoben, ihre Freigabe für den .Verkehr kann erst nach einer genauen Untersu- chung, die nur bei niederem Wassergang möglich ist, vorgenommen werden. Wegen der Überflutung der Haratzmüllerstraße zwischen dem Gasthaus Schier und dem Pumpwerk der Steyr-Werke mußte der Verkehr über den Fisch- hubweg umgeleitet werden. Für die Fußgänger wur- de vorsichtshalber ein Notsteg vom Städtischen Wirt- schaftshof errichtet, der jedoch wegen Nichtüberflu- tung des unteren Teiles des Fischhubweges nicht be- nötigt wurde. Zur Zeit des höchsten Wasserstandes waren fol- gende Stadtteile und Straßenzuge unter Wasser gesetzt: Große Teile der Ramingstegsiedlung, ein Teil der Schwimmschulstraße, die Neue-Welt-Gasse, die Leopold-Gasse, die Anna-Gasse, die Josef-Gasse, die Ludwig-Gasse, der Wehrgraben ab der Wehrgraben- schule, die Gaswerkgasse, der Kohlanger, die Fabrik - straße, der Steinbruchweg, der Kai entlang der Enns im gesamten Stadtgebiet und das Gelände zwischen Unterhimmel, der Schwarzen Brücke, der Krugel- Brücke und dem Kugelfang. Darüber hinaus entstanden auch im Bereich der verschiedenen kleineren Zuflüsse große Schäden durch Vermurungen, Ausschwemmungen und Unterwaschun - gen, deren Behebung zum überwiegenden Teil vom Städtischen Wirtschaftshof vorgenommen wurde. Mit dem Zurückgehen der Wassermassen begann für die betroffenen Bevölkerungsteile die mühselige Reinigung der überschwer:nmten Häuser und Gärten von Schlamm und Schmutz. Das Auspumpen zahlloser Kel- ler besorgte die Freiwillige Feuerwehr, die allein hie- für 218 Arbeitsstunden aufwendete. Von der Post- und Telegraphenverwaltung wurden unverzüglich die zer- störten Telefon,leitungen hergestellt. Das Gaswerk begann mit der Verlegung einer be- helfsmäßigen Gasrohrleitung über die stehengebliebe- nen Joche des Gsangsteges. Anstelle der Äußeren Re~ ter-Bi'Ucke errichtet vorderhand der Städtische Wirt - schaftshof einen behelfsmäßigen Fußsteig. In welcher. Form die anderen zerstörten Flußübergänge wieder her-

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