Amtsblatt der Stadt Steyr 1958/8

5 AMTSBLATT DER STADT STEYR NEUES UNRECHT IN GLEINK ? • D er Ursprung der Religionsfonds steht in engem Zu- sammenhang mit der vermögensrechtlichen Situa- tion der kathoU-Schen Kirche in Österreich, die durch die Wirren vergangener Jahrhunderte so viel an Vermö- gen verloren hatte. daß das Verbliebene kaum mehr zu ihrer Erhaltung ausreichte. Die Gründung dieser Religionsfonds selbst geht auf Kaiser Josef II zurück, der sie mit Kabinettschreiben des Jahres 1782 aus dem Vermögen der während seiner Regierungszeit aufgehobenen inländischen Klöster schuf und ihnen alles im Zuge seiner kirchenpolitischen Maß- nahmen ledig gewordene Vermögen zuwies. Diese Reli- gionsfonds, die länderweise dezentralisiert waren, wur - den von staatlichen Behörden verwaltet und durch die staatliche Vertretungsbehörde, die Finanzprokuratur, vertreten. Ihre Einnahmen bestanden in erster Linie aus den Erträgnissen ihrer Güter und Kapitalien und aus auf- gehobenen und erloschenen kirchlichen Anstalten, wel - ehe ihnen mangels anderer Anordnung des Stifters in der Regel zufielen. Die Verwendung der Mittel der Religi- onsfonds geschah zweckgebunden durch Förderung kirch- licher Einrichtungen im Staat. Den Säkularisierungsbestrebungen des Kaisers Jo- sef II fiel auch das auf eine Gründung des Benediktiner - ordens in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts zurückge- hende Kloster Gleink samt seinem großen Grundbesitz zum Opfer und wurde mit anderem aufgehobenen Kir- chenvermögen zum oberösterreichischen Religionsfonds zusammengeschlossen, wobei aber die Erträgnisse dieses Gutes seit 1791 zur Dotierung des im Jahre 1785 neu ge- gründeten Bistums Linz verwendet wurden, worauf auch die Bezeichnung als •Bischöfliches Dotationsgut• hin - weist. Ihren rechtlichen Ausdruck fand diese Dotation darin, daß dem jeweiligen Bischof von Linz ein Frucht - nießungsrecht an dem dem Religionsfonds für Oberöster- reich gehörigem Gute Gleink gewährt wurde. Das Gut Gleink selbst war der Betriebsform nach eine Ackerwirtschaft, was weitgehend den Boden- und Klimaverhältnissen entspricht. Die Grundstücke liegen bis auf den Wald und einige ertragsschwächere Parzel- len gut arrondiert un dem den Mittelpunkt des landwirt - schaftlichen Betriebes bildenden •Meierhof• als Sitz .des bischöflichen Verwalters. Diese Rechts- und Sachlage bestand bis 1939. Im Zuge der Machtergreifung des Nationalsozialis- mus in Österreich wurde die vermögensrechtliche Si- tuation der katholischen Kirche (wie auch die der evan- gelischen Kirche beider Bekenntnisse und der altkatho- lischen Kirche) auf gänzlich neue Grundlagen gestellt und ihr die Ermächtigung erteilt, zur Deckung kirchli- eher Sach- und Personalbedürfnisse Kirchenbeiträge ein- zuheben. Das Gesetz vom 28. 4. 1939, Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 543/1939, das diese Änderung brachte, bestimmte aber darüber hinaus auch die Auflö- sung der bisher zur Erhaltung der Kirche dienenden, in staatlicher Verwaltung stehenden Fonds. Durch die drit- te Verordnung des Reichskommissars für die Wiederverei- nigung Österreichs mit dem Deutschen Reiche vom 29. 4.1940, Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 45/1940, wurde mit Wirkung vom 1. 4. 1940 auch der oberöster- reichische Religionsfonds unter gleichzeitiger Übertra- gung seiner Rechte und Pflichten an das Deutsche Reich aufgelöst, und am 10, 9. 1942 die gesamte Liegen- schaft des ehemaligen bischöflichen Dotationsgutes Gleink in das Eigentum des Reichsgaues Oberdonau (Gau - selbstverwaltung) überführt. INFANGSIEDLUNG GEGEN OSTEN Durch die AusweitungSteyrs in diesen Jahren war es schon notwendig geworden, Gebietsteile des Landes Niederösterreich - die Katastralgemeinde Hinterberg - zur Errichtung des Stadtteiles Münichholz in Anspruch zu nehmen. Diesem Gebiete gegenüber schienen die nördlich der Stadt gelegenen Gründe des aufgelösten Religionsfondsgutes Gleink infolge der leichteren Mög- lichkeit, eine organische Einbindung in die Altstadt zu erreichen, gewisse Vorteile zu bieten. Diese wollte sich schon die damalige Stadtverwaltung sichern und be - schloß, um künftige Spekulationen auszuschalten, und 105

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